Vor 80 Jahren: Überfall des Deutschen Faschismus auf die Sowjetunion am 22.6.1941

Wir gedenken der Millionen Opfer des faschistischen Raub- und Vernichtungskrieges und wenden uns gegen die aktuelle Konfrontationspolitik des Westens gegen Russland.

Aus diesem Anlass lädt das Antikriegsbündnis Aachen zu einer Gedenkveranstaltung am Elisenbrunnen in Aachen ein.

DIENSTAG, 22. JUNI 2021, 18:00 BIS 19:30, Elisenbrunnen

Auf der Veranstaltung in der Rotunde des Elisenbrunnens werden wir mit einer Ausstellung, Vorträgen und Filmbeiträgen diesen verbrecherischen Raubkrieg darstellen.

Hier kann man die Ausstellung downloaden:

Copy Right: Antikriegsbündnis-Aachen, Verbreitung erwünscht mit Angabe der Verwendung an gofac@posteo.de

REDEBEITRAG DES ANTIKRIEGSBÜNDNISSES AUF DER GEDENKVERANSTALTUNG AUS ANLASS DES 80. JAHRESTAGES DES ÜBERFALLS DER FASCHISTISCHEN WEHRMACHT AUF DIE SOWJETUNION:

Alles was gestern war, wird man vergessen haben; was heute ist, nicht sehen; was morgen kommt, nicht fürchten. Man wird vergessen haben, dass man den Krieg verloren, dass man ihn begonnen, vergessen, dass man ihn geführt hat. Darum wird er nicht aufhören.“

Karl Kraus schrieb das 1922 in : „die letzten Tage der Menschheit“.

Man möchte Karl Kraus Recht geben, wenn man in der ZEIT vom 30.4. 21 im Kommentar eines Herrn Posener liest:

„Darüber hinaus muss sich gerade die kulturelle Linke von der Vorstellung lösen, der Frieden mit Russland um beinahe jeden Preis sei wegen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 eine moralische Pflicht“ ….

Man könnte Karl Kraus recht geben, wenn man die zunehmende Kriegsrhetorik der letzten Wochen und Monate in den Medien verfolgt:

  • US-Präsident Biden bezeichnet den russischen Präsidenten Putin im März 21 als „Mörder“.
  • Ministerin Kramp-Karrenbauer spricht davon, dass “Russlands Hochrüstung und seine Kriegsführung mitten in Europa reale Bedrohungen geschaffen“ habe,
  • Grünen-Ex-Außenminister Fischer fordert : „Wir müssen Russland dort treffen, wo es wirklich weh tut „ und FDP-Graf Lambsdorff verlangt eine Sanktionspolitik“ , „die einem Embargo nahekäme…“ (alles im SPIEGEL im April 2021)
  • Insbesondere die Grünen verschärfen in den letzten Monaten aggressive Töne gegen Russland aber auch gegen China.
  • Die Berliner Grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop blockierte im April 2021 Verhandlungen des Senats wegen Aufkauf von Sputnik-Impfstoff, weil aus aus Sicht der Grünen von einer Vereinbarung über den Impfstoff allein Putin und der Kreml profitieren würden (Tagesspiegel, 20.4.21)
  • Der Grünen Ko-Vorsitzende Habeck fordert im Mai „Verteidigungswaffen“ für die Ukraine, die ihrerseits zuletzt über ihren deutschen Botschafter mit der Anschaffung von Atomwaffen liebäugelte.

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock gibt sich ebenso grundsätzlich wie kämpferisch:

  • „…..ein anderer Umgang mit autoritären Regimen ist für mich in einer künftigen Bundesregierung eine Schlüsselfrage – für unsere Sicherheit und unsere Werte. Wir sind gerade in einem Wettstreit der Systeme: autoritäre Kräfte versus liberale Demokratien. Hier geht es auch um China. Das Projekt der Neuen Seidenstraße mit seinen weltweitenDirektinvestitionen in Infrastruktur oder Energienetze besteht nicht nur ausNettigkeiten. Das ist knallharte Machtpolitik. Da dürfen wir uns als Europäer nichts vormachen.“ Baerbock in der Frankfurter allgemeinen Sonntagszeitung, 24.4.21

Tja, es geht immer nur um die Verteidigung europäischer Werte, Menschenrechte und Demokratie. Die knallharte Machtpolitik, von der Baerbock spricht, machen immer nur die anderen.

Der 2015 verstorbene SPD-Politiker Egon Bahr sagte einmal auf einer Veranstaltung 2013 vor Schülern in Heidelberg:

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“

Dann sollten wir uns zunächst mal den Interessen von Staaten zuwenden:

1990 brach die Sowjetunion, die entscheidend unter so vielen Opfern zum Sieg über den deutschen Faschismus und zur Befreiung der Welt beigetragen hatte, zusammen – die Gründe hierfür zu analysieren, würde hier sicher zu weit führen. Die Verhältnisse in den Regionen der Ex-Sowjetunion waren in den folgenden Jahren chaotisch:

Skrupellose Menschen rissen sich das bis dahin gesellschaftliche Eigentum an Banken, Fabriken und Bodenschätzen unter den Nagel, russische Oligarchen bestimmten nun seitdem die Wirtschaft und politische Macht.

Der Lebensstandards der Bevölkerung nach dem Ende der UdSSR fiel dramatisch ab, so halbierten sich 1992 die realen Geldeinkommen gegenüber dem Vorjahr. In den 90-iger Jahren lebte zuweilen ein Drittel der Bevölkerung unterhalb des Existenzminimums

Zu einer Konsolidierung der Lebensverhältnisse der russischen Bevölkerung auf niedrigem Stand kam es erst nach der Wahl Putins zum Präsidenten. Das Durchschnittseinkommen im Russland lag im Februar 2021 bei 566 Euro.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verließen 15 Staaten die UdSSR, der sogenannte Warschauer Pakt löste sich auf. Inzwischen sind seit 1997 nach und nach alle Gründungsstaaten des Warschauer Paktes außer Russland, der NATO beigetreten, ebenso wie die ehemaligen Sowjetrepubliken Lettland, Estland und Litauen. Die NATO hatte sich bis unmittelbar an die Grenze Russlands ausgedehnt, die sogenannte NATO-Partnerländer Ukraine, Georgien und Moldawien nehmen an den jährlichen US-Großmanövern Defender teil.

Russland ist nunmehr im Westen fast vollständig von der NATO und ihren Partnern eingekreist – trotz gegenteiliger Zusagen im Jahr 1990. War damals noch von einem „gemeinsamen Haus Europa“ die Rede, so zeigte sich in den folgenden Jahren, dass das westliche Kriegsbündnis nicht nur gegen die Sowjetunion, sondern gegen jede konkurrierende Macht im Osten gerichtet war.

Die vom Westen betriebene NATO-Osterweiterung war eine Zäsur im Verhältnis zu Russland, das sich verständlicherweise bedroht sah und sieht.

Auch US-Amerikanische Politiker, Diplomaten und Wissenschaftler meldeten damals in einer Stellungnahme schwere Bedenken an und sprachen von einem „Fehler von historischer Dimension“ (Teusch S.46)

Sogar der damalige Verteidigungsminister von Bill Clinton, William Perry, teilte diese Befürchtungen und versuchte Präsident Clinton davon abzubringen – vergeblich. Perry missbilligte auch die Stationierung von US-Raketenabwehrsystemen in Osteuropa und nannte dies nach der NATO-Osterweiterung den zweiten verhängnisvollen Schritt des Westens.

Die USA sahen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Chance als Rolle der „einzigen Weltmacht“ , wie der frühere US Sicherheitsberater Brzezinski sein Buch von 1997 titelte.

Seit 1990 führten die USA Kriege im Irak, in Afghanistan, Somalia, Jugoslawien, Libyen und Syrien, meist unter dem Schild der Nato, in Jugoslawien 1999 unter deutscher Beteiligung und immer unter der Fahne „Für die Menschenrechte!“.

Trotzdem wurde die Weltmachtstellung der USA in den letzten Jahrzehnten geschwächt: v.a. mit China aber auch mit der deutsch geführten Europäischen Union und mit einem sich unter Putin konsolidierenden Russland traten weiter Konkurrenten auf dem Weltmarkt auf, die eine multipolare Welt einfordern. Insbesondere China wird von wechselnden US-Regierungen zur immer schärferen „Bedrohungen der nationalen Sicherheit“ erklärt.

Das Interesse der deutschen Politik nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war neben der Übernahme der DDR die weitere Eroberung der riesigen Wirtschaftsräume als Absatzmarkt für die exportorientierte deutsche Wirtschaft, für Direktinvestitionen und als Lieferant für Rohstoffe, v.a. Erdöl und Erdgas.

Mit der Übernahme der DDR war Deutschland zur stärksten Macht in der Europäischen Union geworden , die sich in den folgenden Jahren um 14 Länder aus dem Einflussgebiet der früheren Sowjetunion erweiterte. Zeitgleich wurden auch die Stimmen aus Politik und Wirtschaft lauter, die für Deutschland eine „ Wahrnehmung von internationaler Verantwortung“ verlangen und für die EU unter deutscher Führung eine Rolle als Global Player einfordern.

Die deutsche Politik gegenüber Russland war und ist durchaus widersprüchlich: zum einen pflegt die deutsche Wirtschaft gerne Beziehungen zum eigenen Nutzen, zum anderen will man aber Russland nicht gestärkt sehen und schon gar nicht als möglichen Partner einer Weltmacht China. Widersprüchlich sind aber auch die Beziehungen zur USA, wie das Beispiel Nordstream 2 zeigt.

Frau Baerbock sieht nun einen Wettstreit „liberale Demokratien gegen autoritäre Systeme“. Bei den „liberalen Demokratien“ und ihre Rolle für das friedliche Zusammenleben der Menschen ist sie ebenso wie weite Teile der deutschen Politik– und Medienlandschaft auffallend blind.

Seit dem 2. Weltkrieg werden alle Kriege unter dem Schild „für Demokratie und Menschenrechte geführt.

Allein seit 1990 wurde in den US-und NATO geführten Kriegen und durch Wirtschaftsembargo- maßnahmen Hunderttausenden Menschen das basalste aller Rechte – das Recht auf Leben – genommen.

Nicht einmal eine Annäherung an eine liberale Demokratie hingegen findet sich heute in Afghanistan und auch nicht im Irak, Libyen, Kosovo, Syrien… Stattdessen wurden ganze Regionen zerstört und verwüstet, Millionen Menschen sind seit Jahren auf der Flucht.

Die Besetzung und der Anschluss der Krim an Russland 2014 hatte nach einem Staatsstreich in Kiew und nach einer Volksabstimmung in der Krim kampflos stattgefunden. 15 Jahre zuvor hatte die NATO mit ihren Bombardements völkerrechtswidrig die Abtrennung des Kosovos von Serbien erzwungen.

Qualitätsmedium SPIEGEL „informiert“

Unter der Vizepräsidentschaft von Joe Biden, der den russischen Präsidenten Putin einen Mörder nennt, hatten fortgesetzt Drohnenangriffe mit gezielten Tötungen in Afghanistan mit zig toten Zivilisten als „Kollateralschaden“ stattgefunden.

Die USA und EU beschließen Sanktionen gegen Russland wegen Unterdrückung der Opposition: in Ägypten, Saudiarabien, Kolumbien Indien oder Brasilien- um nur einige Beispiele zu nennen- ist dieser Umstand kaum eine Stellungnahme, geschweige denn eine Maßnahme wert.

Israel bombardiert seit Jahren immer wieder Ziele in Syrien und auf den Golanhöhen, hat sich atomar bewaffnet und betreibt gezielte Tötungen von iranischen Wissenschaftlern – ohne Kommentar. Im Jemen richtet die Kriegsbeteiligung Saudi-Arabiens eine Hungersnot biblischen Ausmaßes an – keine Medienberichte, keine Stellungnahme der deutschen Regierung dazu.

Die erzwungene Landung einer Ryanair-Maschine mit Festnahme von zwei Regierungsgegnern in Weißrussland im Mai 2021 hatte auch eine Vorlage: 2013 erzwangen auf Weisung der USA europäische Staaten eine Landung und Durchsuchung des Diplomaten-Flugzeugs des bolivianischen Präsidenten Morales in Wien, weil der Whistleblower Snowden an Bord vermutet wurde.

Der Whistleblower Julian Assange sitzt in England seit 2 Jahren wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen in Einzel-Haft, weil die USA seine Auslieferung erzwingen wollen.

Die Liste ließe sich noch um zahllose Beispiele verlängern.

Es geht hier nicht darum, zu relativieren, schön zu reden oder aufzurechnen.

Ich will aber belegen, dass „ es nie um Demokratie und Menschenrechte geht „, wie Egon Bahr sagt. „Es geht um die Interessen von Staaten“.

Nach Daten des ‚Atlas der Zivilgesellschaft‘, den u.a. „Brot für die Welt“ im Februar veröffentlicht hat, „lebten 88 Prozent aller Menschen 2020 in beschränkten , unterdrückten oder geschlossenen Gesellschaften – fünf Prozent mehr als 2019. Damit leiden 6,8 Milliarden Menschen unter Regierungen, die ihre Grundrechte beschneiden oder Kritiker:innen drangsalieren, ver­folgen, auch töten. „ (Zitat Atlas..).

Es ist hier nicht wesentlich, ob man die Kriterien dieser Untersuchung in vollen Umfang teilt: es zeigt sich aber, dass selbst der Anspruch, für annähernd 90% der Weltbevölkerung Kriterien aufstellen zu wollen, ziemlich vermessen ist. Dass die „liberalen Demokratien“ sich selbst nicht an diese Kriterien halten und sie nach ihren Interessen zurecht biegen, wollte ich mit obigen Beispielen zeigen.

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Ich habe zu Beginn dargestellt, wie deutsche PolitikerInnen und Medien die antirussische Kampagne ständig verschärfen. Die Vorwürfe sind nie konkret und nie belegt, die wichtigsten lauten

  • „Russland“ ist verantwortlich für die Hackerangriffe auf westliche Staaten und Institutionen
  • „Russland“ versucht den Westen von seinen Rohstoff-Lieferungen abhängig zu machen und kann jederzeit „dem Westen“ den Gashahn zudrehen
  • „Russland“ mischt sich in demokratische Wahlen ein, um sich gefällige Regierungen zu schaffen
  • „Russland“ ist für alle Giftmorde mit Nowitschok verantwortlich
  • „Russland“ geht gerichtlich gegen Dissidenten vor
  • „Russland“ ist eine militärische Bedrohung für die freie Welt, von der Ukraine über die baltischen Staaten bis zu Deutschland.

Bei all diesen Vorwürfen gibt es immer das gleiche Muster: Es werden keine Beweise vorgelegt, rechtsstaatliche Prinzipien wie „Im Zweifel für den Angeklagten“ wirft man genauso schnell in die Tonne wie das Völkerrecht bei den illegalen Interventionskriegen der NATO.

Das Motto könnte paradoxerweise lauten: „Obwohl ihnen nicht bewiesen wurde, streiten sie alles ab!“ – und: „Wenn der Westen das Gleiche tut, etwa Ausspitzelung von Gegnern, dann ist das gut“

Die ehemalige UNO-Botschafterin der USA, Nikki Haley, brachte es so auf den Punkt

„Lügen, Betrügen und Schurkenverhalten sind zur neuen Norm der russischen Kultur geworden“ (Teusch, S. 70)

Warum diese Dämonisierung Russland, warum wird Begriffe wie „Russland“ und „Russen“ dermaßen negativ belegt, warum werden Sanktionen verhängt, warum drohen die USA gar deutschen Firmen erpresserisch mit Sanktionen wegen Nord Stream 2? Warum werden Menschen, die einen normalen zwischenstaatlichen Umgang mit Russland fordern, als „Putinversteher“ belächelt ?

Der Propagandakrieg gegen ein wieder erstarktes Russland, das noch dazu beste Beziehungen zum US-Haupfeind China hat und diesen mit Rohstoffen beim wirtschaftlichen Aufstieg versorgt, hat längst begonnen. Putin ist verhasst, weil er die westliche Marionette Jelzin ersetzt und Russland gestärkt hat. Regime-Change ist das Ziel und deshalb muss Russland geschwächt, isoliert, delegitimiert und das politische Personal dämonisiert werden.

Eine nicht nur bösartige, sondern auch gefährliche Strategie: Auch wenn das Ziel der antirussischen Propaganda „nur“ der Regime-Change ist, besteht latent die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung, denn wer den Krieg vor dem Krieg als Ersatzkrieg führt und ihn ständig verschärft, senkt die Hemmschwelle für den Krieg und spielt mit dem Feuer.

Frieden ist nur möglich mit Russland und nicht gegen Russland

Vor 2 Jahren habe ich mit Freunden auch aus dem Antikriegbündnis mehrere Städte in Russland besucht, darunter Moskau und die Aachener Partnerstadt Kostroma. In Moskau haben wir am 9.5., am Jahrestag des Siegs über das faschistische Deutschland an der größten Friedensdemonstration teilgenommen , die ich je erlebt habe: ca. 1 Mio Menschen waren mit den Bildern ihrer Angehörigen, die im großen vaterländischen Krieg das faschistische Deutschland bekämpft und besiegt hatten, auf der Straße. Wir sind mit einem Transparent mitgegangen, auf dem in deutsch und Russisch stand: Frieden ist nur möglich mit und nicht gegen Russland !

sdr

Noch nie habe ich auf einer Demonstration soviel Zustimmung und Freude erlebt: wir wurden pausenlos fotografiert und umarmt, die Leute bedankten sich bei uns mit Tränen in den Augen.

Dass eine eigentlich so selbstverständliche Aussage so aufwühlend empfunden wurde, zeigt mir, dass wir hier in Deutschland als Kriegsgegnerinnen noch viel zu tun haben:

Frieden mit Russland ist Deutschlands Pflicht!

Schluss mit der Hetze gegen Russland!

Für ein System der kollektiven Sicherheit unter Einschluss Russland!

Für Abrüstung und internationale Solidarität!

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