Der Polizeipräsident Aachens handelte rechtswidrig indem er die freie Meinungsäußerung bei der Karlspreisverleihung 2015 untersagte.

Das schriftliches Urteil liegt nun vor. Wir dokumentieren es in Auszügen.

 

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Mit bemerkenswerten Begründungen zum Versammlungsrecht wurde der Klage des Antikriegs­bündnis Aachen (AKB) vom Verwaltungsgericht Aachen Recht gegeben. Die Aachener Polizei vertreten durch den Polizeipräsidenten (PP) Dirk Weinspach hatte das Zeigen von Tafeln vor dem Aachener Rathaus verboten, weil

a) die Tafeln als Wurfgeschosse gegen die geladenen Gäste verwendet werden könnten.

b) die Versammlung des AKB nicht angemeldet war und auch keine Spontanversammlung gewesen sei.

Eine „Gefährdung der Karlspreisgäste“ wies das Gericht zurück und bezog sich u.a. auf die Aussage des vernommenen Polizeizeugen:

„Die Frage des Gerichts, ob er durch das Mitführen der Plakate einen Gefahren-tatbestand gesehen habe, hat der Zeuge vielmehr verneint und angegeben, es sei ihm allein um den Versammlungscha­rakter gegangen. Dem Zeugen ging es bei Erlass der streitigen Maßnahme daher ausschließlich dar­um, den Zutritt einer – aus seiner Sicht – nicht angemeldeten Versammlung zum Markt zu verhin­dern.“

Ebenso wenig ließ das Gericht gelten, die Versammlung des AKB sei nicht angemeldet gewesen.

Das Gericht stellte fest

„Die Tatsache, dass die Versammlung entgegen § 14 Abs. 1 VersG nicht angemeldet war, (kann) nicht quasi automatisch zu einer Auflösung führen.“

Und:

„Wird eine Veranstaltung unter freiem Himmel ohne eine vorherige Anmeldung durchgeführt, ist vielmehr stets zu prüfen, ob die Veranstaltung infolge der fehlenden Anmeldung eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung darstellt und ob andere Maßnahmen als die Auflösung, etwa nachträgliche Auflagen oder andere- schnell zu bewerkstelligende Maßnahmen, etwa eine polizeiliche Absicherung genügen. Es muss eine richtige Beurteilung der Gefahrenlage und eine (sorgfältige) Ermessensausübung stattfinden.“

Diesen Anforderungen ist die hier streitige Maßnahme – bei der es sich um ein Minus gegenüber einer Auflösung handelte – nicht gerecht geworden. Wie nämlich die Vernehmung des Zeugen PHK xxxxxxx ergeben hat, hat dieser gerade keine Beurteilung hinsichtlich einer Gefahrenlage – etwa einer potentiellen Bedrohung der Ehrengäste – vorgenommen.“

Fazit: Die Polizei hat rechtswidrig gehandelt. Es ging ganz offensichtlich darum, kritische Stimmen auf dem Markt zu verhindern und dem Preisträger Schulz und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko Forderungen der Antikriegskräfte wie „Schluss mit der Einkreisungspolitik gegen Russland!“ zu ersparen. Zugelassen wurde dagegen ein Pro-Schulz-Transparent der SPD Würselen …..

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Wenn es nach der Aachener Polizei geht, soll so etwas künftig nicht mehr vorkommen. Vorwand: Gefährdung der Ehrengäste bei der Karlspreisverleihung

Und ganz bedeutsam: nicht nur angemeldete oder spontane Versammlungen sind zulässig, auch nicht angemeldete Versammlungen können nach einer „Beurteilung der Gefahrenlage“ zulässig sein, wie im gegebenen Fall.

Interessant dürfte auch werden, wie sich die Polizei künftig verhalten wird. Da es ihr um die Verhinderung von Protesten geht, die die Feierlichkeiten stören könnten, böte sich an, nur Jubler mit Eintrittskarten zu einer geschlossenen Versammlung auf den Markt zu lassen.



 

Im Folgenden Auszüge aus dem Urteil:

Die Argumenation des Antikriegsbündnisses, vertreten durch Rechtsanwalt Rainer M.Hofmann (,dem wir unseren Dank für die überzeugende Prozessführung und den Erfolg aussprechen möchten)

Unter dem 8. Juni 2015 bestellt sich der Prozessbevollmächtigte (RA Rainer M. Hofmann) gegenüber dem Polizeipräsidenten(PP) Weinspach  Aachen für den Kläger und forderte u.a. die Abgabe einer „Erklärung, dass anlässlich von Demonstrationen, Kundgebungen oder Versammlungen das Mitführen von Plakaten im Format DIN A 1 durch Polizeibeamte des Landes NRW nicht unterbunden werden (dürfen}, selbst wenn sie von einer gedachten Mehrheitsmeinung abweichende Meinungsäußerung enthalten, sofern sie keine beleidigenden Inhalte haben.“

Eine solche Erklärung wurde vom Polizeipräsidenten (PP) Aachen nicht abgegeben.

Am 13. November 2015 hat der Kläger Feststellungsklage erhoben. Diese begründet er Im Wesentlichen wie folgt: Die streitige polizeiliche Maßnahme sei allein auf das Ziel gerichtet gewesen, die Meinungsäußerung durch das Vorzeigen kritischer Plakate zu unterbinden. So sei auch das Hochhalten von gefalteten Pappschildern der Organisation „campact – Demokratie in action“ durch verschiedene Personen auf dem Markt von der Polizei unter Strafandrohung unter­bunden worden. Dadurch sei das grundrechtlich geschützte Recht auf Meinungsäußerung verletzt worden. Eine Gefährdung des Preisträgers oder der Ehrengäste habe demgegenüber aufgrund des Abstands zwischen den Zuschauern und den möglicherweise gefährdeten Personen, der vorhandenen Absperrgitter (in zwei Reihen) sowie der Bauweise der streitigen Plakate nicht bestanden. Auch habe es erstmals im Jahr 2015 eine Weisung gegeben, das Vorzeigen von Protestzeichen (Plakaten etc.) zu unterbinden. Die angeblichen Sicherheitsbedenken seien nur vorgeschoben. Das ergebe sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass auf dem Markt wohl auch ein großes, an zwei Metallstangen be-festigtes Transparent der SPD Würselen vorgezeigt worden sei.

Das Polizeirecht sei vorliegend nicht anwendbar, da es sich bei dem Treffen anlässlich der Übertragung des Festaktes auf dem Markt um eine Versammlung gehandelt habe. An dieser hätten er, der Kläger, sowie andere Personen des „Antikriegsbündnisses“ teilnehmen wollen, um insbesondere ihr Missfallen gegen die Anwesenheit und die Politik des ukrainischen Präsidenten zum Ausdruck zu bringen. Ob die Veranstaltung auf dem Markt als Versammlung einzustufen sei, sei aber letztlich unerheblich, da vorliegend die Meinungsfreiheit einen nicht weniger weit reichenden Schutz vermittle.

Im Übrigen sei es abwegig, dem Kläger die Durchführung einer unangemel-deten Versammlung auf dem Markt vorzuhalten. Dort habe eine Versammlung oder zumindest ein zusammentreffen vieler Menschen mit dem Zweck stattgefunden, Zustimmung oder Ablehnung zu äußern. Daran habe sich der Kläger beteiligen und seine Meinung – auch durch das Hochhalten der Plakate – kund tun wollen. Die begehrte Feststellung sei daher aufgrund des grundrechtswidrigen – und auch gegen Normen der EMRK (Europäischen Menschenrechtskonvention) verstoßenden – Verhaltens der Polizei geboten.

Die Argumentation der Polizei

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Feststellungsklage sei nicht begründet. Die Meinungsfreiheit des Klägers sei nicht verletzt worden. Die Rechtfertigung des Verbots, die streitigen Plakate auf den Markt mitzunehmen, folge aus § 8 PolG NRW. Auf dem Markt komme es an den Schutzgittern zu einem unmittelbaren Kontakt („Bad in der Menge“) zwischen einer Vielzahl sicherheitsgefährdeter Ehrengäste (Staatsoberhäupter, Minister etc.) und der Bevölkerung. Ange­sichts der gefährdeten Rechtsgüter habe hier die bloß weit entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts genügt.

Bei der vorliegenden öffentlichen Veranstaltung sei es nicht möglich gewesen, die Gesamtsituation durchgängig zu kontrollieren. Daher sei es erforderlich gewesen, jede potentielle Gefahr zu unter­binden, und hätten die Bürger, die dem Festakt auf dem Markt beiwohnen wollten, keine Gegenstände mitführen dürfen, die – wie etwa Wurfgegenstände oder Holzlatten – als Waffe gegen den Preisträger oder die Ehrengäste hätten eingesetzt werden können.

Die Meinungsfreiheit müsse gegenüber dem Recht der Gäste auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten. Im Übrigen habe für den Kläger die Möglichkeit bestanden, seine Meinung ohne die Plakate kund zu tun, etwa mitgeführte Plakate zu entrollen und wahrnehmbar zu zeigen. Der Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasse nicht zwangsläufig auch das Recht, Plakate auf Holzlatten zu befestigen. Eine Weisung, das Vorzeigen von Protestzeichen zu unterbinden, habe es nicht gegeben.

Auf die Versammlungsfreiheit könne sich der Kläger vorliegend nicht berufen, weil eine Versammlung auf dem Markt nicht angemeldet worden sei.

Von einer Spontanversammlung habe ebenfalls nicht ausgegangen werden können.

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Wurde bei der Karlspreisverleihung 2015 von der Polizei auf dem Markt nicht  erlaubt. 

Die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtes Aachen

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat Erfolg.

(….)

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausspruch der begehrten Feststellung, weil die ihm gegenüber am 14. Mai 2015 erfolgte polizeiliche Maßnahme – Untersagung des Zutritts auf den Markt unter Mitnahme von 3 Plakaten der Größe DIN A1, angebracht an dünnen hölzernen Trägern mit den Maßen ca. 46,5 cm Länge und einer Kantenbreite von 2,4 cm x ca. 2 cm – rechtswidrig gewesen ist.

Bei der in Rede stehenden Maßnahme handelte es sich nicht nur um einen bloßen unverbindlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit des Mitführens der Plakate, sondern um eine verbindliche Verwaltungsakts.

Untersagung Aufgrund durch Erlass eines belastenden der mündlichen Verhandlung (mündlichen) und insbesondere der Vernehmung des Zeugen PHK steht nämlich fest, dass dem Kläger das des Marktes unter Mitführung der streitigen Plakate in keinem Fall gestattet worden wäre.

Die Untersagungsverfügung ist von dem handelnden Polizeibeamten, dem Zeugen PHK xxxxxx, nicht auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel des § 8 PolG NRW erlassen worden. Die Frage des Gerichts, ob er durch das Mitführen der Plakate einen Gefahrentatbestand gesehen habe, hat der Zeuge vielmehr verneint und angegeben, es sei ihm allein um den Versammlungscharakter gegangen. Dem Zeugen ging es bei Erlass der streitigen Maßnah­me daher ausschließlich darum, den Zutritt einer – aus seiner Sicht – nicht angemeldeten Versamm­lung zum Markt zu verhindern. Fragen der Gefährdung spielten für den Erlass der Untersagungsver­fügung demgegenüber keine Rolle. Bei dieser Sachlage konnte die streitige Maßnahme aber nicht nach § 8 PolG NRW, sondern allein auf versammlungsrechtlicher Grundlage erlassen werden. (….)

Bei der von dem Kläger angeführten Gruppe von etwa 10 Personen, die auf dem Aachener Markt nicht zuletzt durch die mitgeführten Schilder ihre Ansicht zu verschiedenen politischen Themen äußern wollte G,Frieden in Europa, nicht gegen Russland; Schluss mit der Dämonisierung Russlands, Deutschland raus aus der Nato; Schluss mit der Einkreisungspolitik gegen Russland. ‚1, handelte es sich auch um eine Versammlung.

Eine Versammlung i.S.v. Art. 8 GG ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörte­rung oder Kundgebung und umfasst auch provokative Äußerungen.

Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und

gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen. Bei einer Versammlung geht es darum, dass die Teilnehmer nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2014 – 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 15 m.w.N .

Danach handelt es sich bei der Gruppe um den Kläger aber offenkundig um eine Versammlung, da die Teilnehmer Position zu aktuellen politischen Themen beziehen und damit einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten wollten.

Etwas anderes gilt im Übrigen für die Gesamtheit der auf dem Markt zusammenge-kommenen Men­schen. Diesen ging es mehrheitlich nicht um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, son­dern schlichtweg um die Teilnahme an dem auf dem Markt stattfindenden öffentlichen Teil der Fei­erlichkeiten zur Karlspreisverleihung, insbesondere um die Teilnahme an dem „Bad in der Menge“ des Preisträgers sowie der zahlreich erschienenen Staatsoberhäupter und sonstigen Ehrengäste.

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Freie Meinungsäußerung am Weihnachtsmarkt 2014 anlässlich eines Tribunals gegen Russland – ohne einen Vertreter  der russischen Botschaft

Sofern verschiedene Gruppierungen diese Gelegenheit zur öffentlichen Meinungskundgabe – mit unterschiedlicher politischer Zielrichtung – nutzen, gibt dies der Veranstaltung auf dem Markt nicht insgesamt das Gepräge einer Versammlung.

Der Kläger oder eine sonstige Person aus der Gruppe um den Kläger hatten die auf dem Markt geplante Versammlung zwar unstreitig nicht gemäß§ 14 VersG angemeldet. Auch handelte es sich erkennbar nicht um eine sog. Spontanversammlung, sondern vielmehr um eine sorgfältig und bereits seit längerem vorbereitete Versammlung. Das zeigen bereits die mitgeführten Plakate, die von den gezeigten Themen her nicht zu der Versammlung auf dem „Hof‘ mit dem Motto „Kein TTI P – nirgendwo“ passen, sondern offenkundig die Gäste der Karlspreisverleihung auf dem Markt, insbesondere die Präsidenten Gauck und Poroschenko, als Adressaten im Blick hatten, und die Mail von W. xxxxxxxxx  vom 10. Mai 2015 an die Mitglieder des Antikriegsbündnisses (BI. 95 der Gerichtsakte).

Gleichwohl folgt daraus nicht die Rechtfertigung für die in Rede stehende Untersagung des Mitführens von Plakaten.

Der Schutz des Art. 8 GG besteht im Grundsatz nämlich unabhängig davon, ob eine Versammlung anmeldepflichtig und dementsprechend angemeldet ist. Er endet erst mit der rechtmäßigen Auflösung der Versammlung. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2014 – 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 17 m.w.N.

Der Aachener Markt war am 14. Mai 2015 im Übrigen auch keine „versammlungsfreie Zone“. Die Versammlungsfreiheit verschafft zwar kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt sie keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten

Zwecken Zugang gewährt wird . Die Versammlungsfreiheit verbürgt die Durchführungen von Versammlungen jedoch dort, wo ein kommunikativer Verkehr eröffnet ist; ausschlaggebend ist die tatsächliche Bereitstellung des Ortes und ob nach diesen Umständen ein allgemeines öffentliches Forum eröffnet ist. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2014 – 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 17 m.w.N.

Der Aachener Markt war zwar anlässlich der Karlspreisverleihung abgesperrt und nur durch einige wenige Durchlassstellen – nach Kontrolle durch die Polizei – erreichbar. Das änderte aber nichts daran, dass es sich nach wie vor um einen öffentlichen Platz handelte, auf dem – so führt die Beklagtenseite es ausdrücklich aus – jedermann seine Meinung öffentlich kundtun konnte, sei es durch Beifall für den Preisträger und die Ehrengäste, sei es durch kritische Meinungsäußerung diesen gegenüber.

Die von dem Zeugen PHK ausgesprochene Untersagung des Mitführens der Plakate konnte jedoch trotz der fehlenden Anmeldung nicht auf § 15 Abs. 3 VersG gestützt werden.

Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug unter anderem dann auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind. Allerdings kann die Tatsache, dass die Versammlung entgegen§ 14 Abs. 1 VersG nicht angemeldet war, nicht quasi automatisch zu einer Auflösung führen. Vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – „Brokdorf II“; VGH Bad .-Württ., Urteil vom 25. April 2007 -1 S 2828/06 -, juris Rn. 27. S. 11/ZSOZ’il

Wird eine Veranstaltung unter freiem Himmel ohne eine vorherige Anmeldung durchgeführt, ist vielmehr stets zu prüfen, ob die Veranstaltung infolge der fehlenden Anmeldung eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung darstellt und ob andere Maßnahmen als die Auflösung, etwa nachträgliche Auflagen oder andere- schnell zu bewerkstelligende Maßnahmen, etwa eine polizeiliche Absicherung genügen. Es muss eine richtige Beurteilung der Gefahrenlage und eine (sorgfältige) Ermessensausübung stattfinden.

Vgl. Ott/Wächtler/Heinhold, Kommentar zum VersG, 7. Aufl. 2010, Rn. 71 zu§ 15 VersG.

Diesen Anforderungen ist die hier streitige Maßnahme – bei der es sich um ein Minus gegenüber einer Auflösung handelte – nicht gerecht geworden. Wie nämlich die Vernehmung des Zeugen PHK ergeben hat, hat dieser gerade keine Beurteilung hinsichtlich einer Gefahrenlage – etwa einer potentiellen Bedrohung der Ehrengäste – vorgenommen. Die Maßnahme wurde von ihm vielmehr ausschließlich damit begründet, dass es sich aufgrund der mitgeführten Plakate erkennbar um eine – nicht angemeldete – Versammlung gehandelt habe. Diese Begründung ist aber be-reits deshalb nicht ermessensgerecht, weil das Vorliegen einer Versammlung nicht von dem Mitführen der Plakate abhängt.

Die Plakate stellen nur eine Form der Meinungskundgabe dar. Eine Versammlung kann ohne Weite­res auch ohne Plakate abgehalten werden, wobei eine Meinungskundgabe durch Rufe etc. und sogar auch in Form einer stillen Mahnwache erfolgen kann. Soweit das beklagte Land (erst) im vorliegenden Klageverfahren im Wesentlichen auf die potentielle Gefährdung des Preisträgers und der Ehrengäste abgestellt hat, ist dies ein Gesichtspunkt, der im Grundsatz – entweder als Auflage zu einer angemeldeten Versammlung auf dem Markt oder als nachträgliche Auflage – das Verbot des Mitführens bestimmter Gegenstände rechtfertigen kann. Allerdings setzt dies eine vorherige, nachvollziehbare Beurteilung der Gefahrenlage dahingehend voraus, dass nicht nur offenkundig als Waffen zu nutzende Gegenstände (etwa Steine, Schlagstöcke, Schleudern), sondern auch an sich unverfängliche Gegenstände – wie etwa die hier in Rede stehenden Plakatträger – wegen der konkreten hohen Gefährdungsstufe von den gefährdeten Gästen fernzuhalten sind .

Das Vorliegen einer Gefahrenbeurteilung, die sich dann auch der Zeuge PHK xxxxx bei Erlass der streitigen Maßnahme zu Eigen gemacht haben könnte, ist von Seiten des beklagten Landes nicht behauptet worden. Falls dies aus Gründen der Geheimhaltung bzgl. der Einsatztaktik erfolgt sein sollte, geht dies zu Lasten des beklagten Landes.

Unser Dank gilt auch dem Zeugen der Polizei, PHK xxxxx, der wahrheitsgemäß aussagte, es habe keine Gefährdung der Karlspreisgäste bestanden und die Untersagung des Zuganges zum Markt sei einzig damit begründet worden, dass es sich um eine unangemeldete Versammlung handele.

 

 

Erfolgreiche Klage des Antikriegsbündnis‘ gegen den Aachener Polizeipräsidenten

Die Feststellungsklage des Antikriegsbündnis Aachen (AKB) gegen den Polizeipräsidenten war erfolgreich, heute hat der Richter uns vollumfänglich Recht gegeben: die Polizei hat uns das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten! Siehe zur Vorgeschichte den Blog-Beitrag vom 8.März 2016.

Die Argumentation des Gerichtes in Kürze:

Die ca. 10-köpfige Gruppe mit den AKB-Plakaten war eine Versammlung.
Eine Versammlung unterliegt dem hohen Gut der Meinungsfreiheit.
Eine Auflösung bedarf eines besonderen Grundes.
Dieser wäre mit einer Gefährdungslage gegeben – aber der Zeuge der Polizei hat keine Gefährdung gesehen.
Eine andere Ermessensgrundlage war nicht zu erkennen.
Unsere „Versammlung“ auf dem Markt hätte also nicht verhindert werden dürfen.

Die Aachener Zeitungen AN und AZ berichteten in gleichlautenden Artikeln so:

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Aus: „Aachener Zeitung vom 17.3.2016

AN-Artikel aös PDF: an-a1-20160317-16

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Aus den Aachener Nachrichten vom 17.3.2016

Nach Ostern kommt das Urteil, dann läuft die Widerspruchsfrist. Wir werden dann über das Urteil berichten.

„Niemand kennt die Identitäten der 150 Menschen, die in Somalia durch die USA getötet wurden. Aber die meisten sind sicher, sie hatten es verdient“.

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Wir veröffentlichen hier einen Artikel von Glenn Greenwald, der sich mit dem US-amerikanischen, völkerrechtswidrigen Drohnen-Mordprogramm Obamas auseinandersetzt. Merke: die operative Basis ist in Deutschland, Ramstein.
Glenn Greenwald ist Publizist und Rechtsanwalt von Edward Snowden.
Original hier: https://theintercept.com/2016/03/08/nobody-knows-the-identity-of-the-150-people-killed-by-u-s-in-somalia-but-most-are-certain-they-deserved-it/
Für die Übersetzung danken wir Ullrich Mies <mvg-online@planet.nl>

Am 8.März 2016 setzten die USA Drohnen und bemannte Flugzeug ein, um Bomben und Raketen auf Somalia fallen zu lassen.

Mindestens 150 Menschen verloren ihr Leben. Sofort behauptet die Obama-Administration – wie sie es faktisch immer macht, dass die getöteten Menschen „Terroristen“ und Militante waren – Mitglieder der somalischen Gruppe Al-Shabaab. Aber sie lieferte keine Beweise, um diese Behauptung zu stützen.

Gleichwohl enthalten die meisten US-Medienberichte nichts anderes als Zitate von US-Beamten über das, was geschehen ist, unkritisch und ohne jede Skepsis über die Richtigkeit. Die New York Times berichtete: Den toten „Kämpfern… wurde von amerikanischen Offiziellen unterstellt, bei der Graduierten-Abschlussfeier handele es um einen Auftakt für einen bevorstehenden Angriff gegen amerikanische Truppen“. Die offizielle Geschichte geht also so: Die Terroristen machten gerade ihren „Abschluss“ und bekommen soeben ihre Terroristen-Graduierungen und waren im Begriff US-Truppen anzugreifen, als sie von den USA getötet wurden.
Mit diesen vorformulierten Textbausteinen sind unzählige Menschen, die absolut keine Ahnung davon haben, wer getötet wurde, davon überzeugt, dass sie es alle verdient hatten. Wie mein Kollege Murtaza Hussain über die 150 toten Menschen sagte: „Wir wissen nicht, wer sie sind, aber zum Glück waren sie alle schlecht.“
Für geistlos Autoritätshörige haben die Worte „Terrorist“ und „Militanter“ keine andere Bedeutung als: jeder, der stirbt, ist Terrorist, wenn meine Regierung Bomben fallen lässt, oder bestenfalls ein „Terrorist“ ist jeder, von dem mir meine Regierung sagt, dass er ein Terrorist ist.  (….)
Abgesehen davon, dass die Zahl der Todesopfer dieser Massentötung höher ist als sonst, ist sie dennoch eine Normalität unter der Präsidentschaft des Mannes, dem 2009 der Nobelpreis verliehen wurde und der bisher sieben überwiegend muslimische Länder bombardiert hat. Wie Nick Turse in The Intercept berichtet hat, hat Obama das heimliche Drohnen-Programm und den geheimen Krieg in Afrika aggressiv ausgeweitet.
Es ist unwahrscheinlich, dass diese besondere Massentötung viel Aufmerksamkeit in den USA bekommen wird, aufgrund
  1. der Obsession der Wahlkampfsaison mit Pferderennen-Analysen und drängenden Fragen wie der Größe von Donald Trumps Händen; 
  2. der weit verbreiteten Gleichgültigkeit der demokratischen Öffentlichkeit gegenüber der Tötung von Ausländern, zumal keinerlei parteipolitische Vorteile gegen die GOP (Grand Old Party, Republikanische Partei, U.M.) bestehen außer dass diese vorgibt, sich zu kümmern;
  3. der Unsichtbarkeit von Orten wie Somalia und der impliziten Abwertung des dortigen Lebens;
  4. der vollkommenen Normalisierung des Modells, nach dem der amerikanische Präsident denjenigen tötet, den er will, wo immer er will – ohne Rücksicht auf jeden Anschein des Rechts, des Verfahrens, der Verlässlichkeit oder der Evidenz.
Ungeachtet dieses Mangels an Aufmerksamkeit werden einige wichtige Punkte der gestrigen Bombardierungen und der Reaktionen hierauf deutlich:
1) Die USA sind nicht im Krieg mit Somalia. Der Kongress hat Somalia nie den Krieg erklärt, noch hat er den Einsatz militärischer Gewalt dort autorisiert. Moral und Ethik für einen Moment zur Seite: Welche rechtliche Autorität besitzt Obama eigentlich, dieses Land zu bombardieren? Ich nehme an, wir sind uns alle einig, dass es Präsidenten nicht gestattet sein sollte, Menschen zu töten, von denen sie annehmen, sie seien „schlecht“: Sie brauchen eine Art rechtlicher Befugnis, um die Tötung auszuführen.
Seit 2001 hat die US-Regierung ihren wir-bomben-wo-wir-wollen Ansatz rechtlich begründet mit dem Hinweis auf die 2001er-Ermächtigung für den Gebrauch militärischer Gewalt (AUMF). Diese Ermächtigung erfolgte durch den Kongress im Zuge von 9/11, Angriffe auf Al-Kaida und „verbundene“ Kräfte zu führen. Aber Al-Shabaab gab es 2001 noch gar nicht und diese hatten auch nichts mit 9/11 zu tun. Tatsächlich hat die Gruppe nicht versucht, die USA anzugreifen, sondern statt dessen, wie Charlie Savage von der New York Times 2011 erwähnt, „ist sie fokussiert auf provinzielle Aufstände in Somalia“. Infolgedessen, so Savage, „geht noch nicht einmal die [Obama] Administration davon aus, dass die Vereinigten Staaten im Krieg mit jedem Mitglied der Shabaab seien.“
Stattdessen ist die Obama-Administration der Auffassung, spezifische hochrangige Mitglieder der Al-Shabaab müssten dann als feindliche Kombattanten unter der AUMF behandelt werden, wenn sie sich der Ideologie der Al-Kaida anschließen, in ihre Kommandostruktur „integriert“ sind und Operationen außerhalb von Somalia durchführen. Und genau deshalb hat die US-Regierung gestern behauptet, dass alle Leute, die sie getötet hatte, Angriffe auf US-Soldaten vorbereiteten. Denn sogar unter der eigenen unglaubwürdigen Sichtweise des AUMF wäre es illegal, sie allein auf Grund der Tatsache zu töten, sie seien Mitglieder von Al-Shabaab. Und darum braucht die Regierung die Behauptung der „Selbstverteidigung“, um das zu rechtfertigen.
Aber selbst unter dem Gesichtspunkt der „Selbstverteidigungs“-Theorie, die die US-Regierung bemüht, ist es unter der – selbstformulierten Politik 2013 – nur gestattet, tödliche Gewalt jenseits aktiver Kriegs-Zonen (zum Beispiel Afghanistan) gegen ein Ziel einzusetzen, „das eine fortgesetzte und unmittelbare Bedrohung für US-Personen bedeutet.“ Vielleicht waren diese Terroristen unmittelbar dabei, in der Region stationierte US-Truppen anzugreifen (…) aber nochmals, es gibt buchstäblich keine Beweise, dass irgendetwas davon der Realität entspricht.
Angenommen, dass Obamas Tötung von 150 Leuten gestern illegal war – sollten wir nicht Beweise einfordern, um zu sehen, dass die Behauptungen seiner Regierung tatsächlich wahr sind? Waren es wirklich alles Al-Shabaab-Kämpfer und Terroristen, die getötet wurden? Waren sie wirklich damit befasst irgendeinen unmittelbar bevorstehenden, gefährlichen Angriff auf US-Personal durchzuführen? Warum sollte jemand den eigennützigen Behauptungen der US-Regierung auf diese Fragen blind glauben, ohne Beweise zu sehen? (…)
2) Es gibt zahlreiche überzeugende Gründe, die Zweifel an den Behauptungen der US Regierung wecken. wen sie in Luftangriffen tötet. Um damit zu beginnen: die Obama-Administration hat den Begriff „Militanter“ formell neu definiert, er bedeutet: „alle Männer im Militär-Alter in einer Kampf-Zone“, wenn „es keine überzeugende explizite Aufklärung nachträglich beweist, dass sie unschuldig sind.“  Mit anderen Worten, die US-Regierung betrachtet alle erwachsenen Männer, die sie tötet, als „Militante“, wenn nicht Beweise vorliegen, dass sie es nicht waren. Dies ist ein leerer manipulativer Begriff der Propaganda und sonst nichts.
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Alles was mit Drohnen zu tun hat, läuft über Ramstein.
Darüber hinaus beweisen die Dokumente der US-Regierung selbst, dass sie in der überwiegenden Mehrheit der Fälle – tatsächlich 9 von 10 – andere Personen töten als die anvisierten Ziele. Im vergangenen April veröffentlichte die New York Times, einen Artikel unter der Überschrift „Drohnen-Angriffe enthüllen unbequeme Wahrheit: Die USA sind oft unsicher, wer sterben wird.“ Er zitiert den Wissenschaftler Micah Zenko: „Die meisten Menschen, die getötet werden, stehen auf keiner Tötungsliste, und die Regierung kennt ihre Namen nicht.“
Darüber hinaus ist die US-Regierung wiederholt damit aufgefallen, Lügen über die Identität ihrer Bomben-Opfer zu verbreiten. Wie es dieser April NYT-Artikel es ausdrückte, „jede unabhängige Untersuchung der Angriffe hat weit mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung herausgefunden, als Regierungsbeamte zugaben.“
Angesichts dieser klaren absichtlichen Täuschung, warum sollte irgendeine rationale Person die Beweis-freien Behauptungen der US-Regierung schlucken, wen sie tötete? Um es gelinde auszudrücken, ist extreme Skepsis geboten (nach der Kritik für ihre Stenographie, enthielt die letzte Geschichte der New York Times gestern zumindest diese Umschreibung der Pentagon-Behauptungen, wen sie töteten: „Es gab keine unabhängige Möglichkeit, die Behauptung zu überprüfen“).
3) Warum haben die USA in diesem Teil Afrikas Truppen stationiert? Erinnern Sie sich, sogar die Obama-Regierung sagt, dass sie sich nicht im Krieg mit Al-Shabaab befindet.
Überlegen Sie, wie kreisförmig diese gesamte Begründung ist: Die USA haben wie alle Länder ein berechtigtes Interesse am Schutz ihrer Truppen vor Angriffen. Aber warum hat sie dort überhaupt schutzbedürftige Truppen? Die Antwort: Die Truppen sind dazu da, die Drohnenbasen zu betreiben und Leute anzugreifen, die sie für eine Bedrohung halten. Aber wenn sie nicht zuerst dort gewesen wären, könnten diese Gruppen gar keine Bedrohung für sie sein.

Alles in allem: Wir brauchen die US-Truppen in Afrika, um Drohnen-Angriffe gegen Gruppen auszuführen, die versuchen, US-Truppen in Afrika anzugreifen. Das ist der ultimative Selbstläufer-Kreis des Imperialismus:

Wir müssen Truppen in anderen Ländern bereitstellen, um diejenigen anzugreifen, die versuchen, die US-Truppen zu töten, die dort bereitgestellt werden.

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Predator-Drohne = „Raubtier“

4) Wenn Sie ein Amerikaner sind, der unter dem Krieg gegen den Terror lebt, dann fällt es Ihnen leicht, einfach zu vergessen, wie extrem dieses Verhalten ist. Die meisten Länder auf dem Planeten rennen nicht routinemäßig umher, um Bomben abzuwerfen und Dutzende Menschen in mehreren anderen Ländern gleichzeitig zu töten, geschweige denn tun sie dies in Ländern, mit denen sie nicht im Krieg sind.

Aber für die Amerikaner ist das jetzt alles perfekte Normalität. In unseren Augen ist der US-Präsident ausgestattet mit dem inneren, göttlichen Recht, das im amerikanischen Exzeptionalismus verankert ist, und kann somit bestimmen, wer die „Bad Guys“ sind, um sie dann ohne Gericht, ohne Prozess, ohne Rechenschaftspflicht zum Tode zu verurteilen. Er ist der alles überschauende, globale Richter, die Jury und der Henker. Und wir sehen nichts Störendes oder Gefährliches oder sogar Merkwürdiges daran. Uns wurde eingepflanzt, die Welt auf eine Weise zu betrachten, wie es 6-Jährige beim Betrachten von Cartoons machen: Böse Buben sollten getötet werden, und das ist das Ende der Geschichte.
Der Präsident hat also gestern rund 150 Menschen in einem Land getötet, mit dem die USA nicht im Krieg sind. Das Pentagon hat dazu eine fünf-Satz-Textbausteine-Erklärung herausgegeben, sie alle seien „Terroristen“. Und das ist ziemlich genau das Ende. Buchstäblich innerhalb von Stunden war fast jeder bereit, die ganze Sache zu vergessen und weiterzugehen, in vollem Bewusstsein, dass ihre Regierung und Präsident das richtige tat – ohne den geringsten Beweis oder Informationen über die getöteten Menschen. Nun, das bedeutet eine ruhig gestellte Öffentlichkeit und formbare Medien.

Antikriegsbündnis klagt gegen Aachener Polizeipräsidenten

Am Mittwoch den 16. März 2016 wird vor dem Verwaltungsgericht Aachen eine Klage verhandelt, die das Antikriegsbündnis Aachen  (AKB) gegen den Polizeipräsidenten Weinspach eingereicht hat.

Die Vorgeschichte: Seine Beamten haben am 14. Mai 2015, dem Tag der Karlspreisverleihung in Aachen, Detlef Peikert und 10 weitere Personen daran gehindert, die öffentliche Veranstaltung auf dem Marktplatz mit Plakaten des Antikriegsbündnis Aachen  zu betreten.

Das Antikriegsbündnis wollte, auch angesichts der Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Poroschenko an der Preisverleihung, darauf hinweisen, dass deutsche Politik den konfrontativen Anteil gegenüber Russland zurücknehmen sollte.


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Noch 2014 gab es große Proteste gegen den ukrainischen Putsch-Ministerpräsidenten Jazenjuk bei der Karlspreisverleihung an van Rompoy.  Aachens Polizeichef Weinspach will nur noch Jubler auf den Markt lassen. Dagegen klagt nun das Antikriegsbündnis Aachen.

 


 

Die Plakattafeln trugen folgende Aufschriften:

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  • Schluss mit Einkreisungspolitik gegen Russland
  • Frieden mit Russland statt Marsch in den nächsten Weltkrieg!
  • Schluss mit der Dämonisierung Russlands durch Politiker und Medien!
  • Frieden in Europa ist nur mit und nicht gegen Russland möglich!
  • Deutschland raus aus der Nato

Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Veranstaltung am Markt wollte die Polizei daran hindern, Tafeln „Stoppen Sie TTIP“ zu zeigen.

Das grundgesetzliche Verbot, abweichende Meinungsäußerungen staatlicherseits zu reglementieren, wurde evident missachtet. Eine öffentliche Veranstaltung der Stadt unter freiem Himmel muss nach gültiger Rechtsprechung auch abweichende Äußerungen hinnehmen. Und es ist nicht das erste Mal, dass die Aachener Polizei rechtswidrig demokratisches Engagement unterbunden hat, wie z.B. bei der Verhinderung eines antifaschistischen Blockadetrainings.

Das Antikriegsbündnis klagt auf Feststellung rechtswidrigen Verhaltens der Polizei und will künftige Übergriffe der Polizei gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung unterbinden.

Die öffentliche mündliche Verhandlung findet am

16. März 2016 um 11:30 Uhr im Sitzungssaal A 2.011, Haus A, 2. OG

statt.

Auch künftig muss es möglich sein, Proteste gegen Politiker deutlich zu machen und zwar dort, wo diese öffentlich auftreten, wie etwa 2014 beim Aachen-Besuch von Gauck, der Deutschland  wieder mehr Kriege führen sehen möchte:

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Leidenschaftliche Diskussion mit den Aachener Bundestagsabgeordeten über den deutschen Kriegseinsatz in Syrien

Im vollbesetzten großen Saal des „Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes“ in Aachen diskutierten Aachener Kriegsgegner gestern fast drei Stunden mit den Bundestagsabgeordneten Ulla Schmidt (SPD), Rudolf Henke (CDU) und Andrej Hunko (LINKE) über die deutsche Beteiligung am Syrienkrieg. Eingeladen hatten wir vom Aachener Antikriegsbündnis zusammen mit dem Aachener Friedenspreis und dem Gastgeber.

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Von den Aachener Abgeordneten hatte einzig Andrej Hunko im Bundestag am 4.12.2016 gegen eine deutsche Kriegsbeteiligung gestimmt. Auch in der gestrigen Debatte vertraten Frau Schmidt und Herr Henke die Meinung, dass zwar einzig der politische Prozess zu einer dauerhaften Friedenslösung führen würde, dass sie aber weiter der Ansicht seien, dass „Krieg dazu beitragen könne, dem Recht wieder Geltung zu verschaffen“.

Dies vertraten die beiden Abgeordneten allerdings exklusiv. In zahlreichen Beiträgen aus dem Publikum wurde auf zivile Mittel verwiesen, um die djihadistischen Terrorgruppen IS und Al Nusra zu isolieren. Insbesondere gelte es, die Türkei davon abzuhalten, den Terror zu unterstützen, durch Ölkäufe und insbesondere aber auch durch offene Grenzen für den Nachschub von Waffen und djihadistischen Kämpfern.

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Viele Redner aus dem Publikum wiesen darauf hin, dass der Syrienkrieg eine Folge der „Regime Change“-Politik des Westens sei, so wie dies schon bei den Kriegen gegen den Irak und Libyen der Fall gewesen sei. Dabei sei offensichtlich, dass die terroristischen Banden über Jahre mit Waffen und Geld massiv von westlichen Partnern wie Saudi-Arabien („Saudi-Arabien ist der IS als Staat“ so Hunko), der Türkei und den USA unterstützt wurden.


Videos von der  Veranstaltung:

Teil1

Teil2

Teil 3


 

Deutschland müsse aufhören, die Terrorpaten  Saudi-Arabien, Quatar und die Türkei länger mit Waffen zu beliefern.

Viel Zustimmung gab es für die Ankündigung von Andrej Hunko, dass die Linkspartei die Völkerrechtswidrigkeit des Kriegseinsatze vor dem Verfassungsgericht überprüfen lassen werde.

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Rudolf Gottfried, Antikriegsbündnis, Andrej Hunko, LINKE

Großen Raum nahm die brutale Kriegspolitik der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung ein. Andrej Hunko forderte hier von der Bundesregierung ein entschiedenes Vorgehen gegen die Regierung Erdogan. Viel Beifall erhielt er für die Kritik an der Kanzlerin Merkel, die 2 Wochen vor der Parlamentswahl in der Türkei den Präsidenten Erdogan in seinem Palast besucht habe und ihm dadurch offen Unterstützung im Wahlkampf geleistet habe.

Hunko forderte zusammen mit vielen Rednern des kurdischen Volkshauses, dass die syrischen Kurden mit an den Verhandlungstisch in Genf müssten, schließlich seien sie die effektivsten Kämpfer gegen den IS vor Ort. Zudem müsse das PKK -Verbot in Deutschland aufgehoben werden und die türkische Regierung wieder die Friedensgespräche mit den Kurden aufnehmen.

Frau Schmidt betonte, dass sich Deutschland für die Teilnahme der syrischen Kurden an den Genfer Verhandlungen ausgesprochen hätte, allerdings habe man sich nicht durchsetzen können.

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Rudolf Henke, CDU

Positiv aufgenommen wurde die Nachricht von Frau Schmidt, dass es eine parteiübergreifende Initiative von Bundestagsabgeordneten gebe, mit der der Protest deutscher Parlamentarier gegen das Vorgehen Erdogans insbesondere gegen die Chefredakteure der Zeitung Cumhuriet ausgedrückt werden solle.

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Ulla Schmidt, SPD

Allgemein begrüßt wurde die Bereitschaft der Abgeordneten, sich der Diskussion in dieser Form gestellt zu haben. Insbesondere fand Anerkennung, dass Frau Schmidt und Herr Henke der Einladung gefolgt waren, wohl wissend, dass sie in diesem Rahmen eine „Minderheitenposition“ vertreten würden.

Einig war man sich schließlich in der Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation durch den Waffenstillstand und die aktuellen Friedensgespräche.

Wir danken dem „Euregioprojekt – Frieden für die Fotos.

©KHO@euregioprojekt-frieden.org

 

 

Freitag, 4. März: Podiumsdiskussion der Aachener Abgeordneten und des Antikriegsbündnis‘ zum deutschen Kriegseinsatz in Syrien

Deutsche Kriegsbeteiligung in Syrien alternativlos? 

Am 4. Dezember 2016 hat sich der Bundestag mehrheitlich für die Beteiligung Deutschlands am Syrienkrieg ausgesprochen. Deutsche Tornados greifen durch das sogenannte „Targeting“, also die Übermittlung von Angriffszielen an die Kampfflugzeuge der USA, Englands, Frankreichs und anderer Staaten direkt in die Kriegsführung ein. Zudem hat sich die Fregatte „Augsburg“ einem multinationalen Verband um den französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ angeschlossen.

Dem Bundestagsbeschluss vorausgegangen war eine per Akklamation auf der Antikriegsdemo am 3.12.2016 in Aachen verabschiedete Resolution an die Abgeordneten, sich bei der Abstimmung im Bundestag am 4.12.2016 GEGEN eine deutsche Beteiligung am Syrienkrieg auszusprechen. Zentrales Argument der Kriegsgegner: Krieg schaffe nur weiter Terror und Elend, stattdessen müsse der IS isoliert werden, insbesondere vom Nachschub mit Waffen und Kämpfern über die Türkei.

Die Abgeordneten Ulla Schmidt (SPD) und Rudolf Henke (CDU) vertraten in einer gemeinsamen Erklärung u.a. die Ansicht :

"Es ist unausweichlich, dass nach dem Ansatz der 
vernetzten Sicherheit, neben wirtschaftlichen und 
politischen Mitteln auch das Militär eingesetzt 
werden muss (...)."

Bei der Abstimmung im Bundestag hat dann mit NEIN gestimmt Andrej Hunko von der LINKEN. Für die Kriegsbeteiligung haben gestimmt Ulla Schmidt (SPD) und Rudolf Henke (CDU).

Das Antikriegsbündnis Aachen hat die Abgeordneten zu einer öffentlichen Diskussionsrunde zum Syrieneinsatz deutscher Streitkräfte aufgerufen. Dieser Einladung sind die drei Abgeordneten gefolgt. Die Podiumsdiskussion findet statt am kommenden Freitag

4. März 2016 um 19 Uhr im
Haus der Evangelischen Kirche Frère Rogerstr. 8-10 in Aachen

Teilnehmer: Die Aachener Bundestagsabgeordneten Ulla Schmidt (SPD), Rudolf Henke (CDU), Andrej Hunko (LINKE) und Rudolf Gottfried (Antikriegsbündnis Aachen)

Veranstalter: Antikriegsbündnis Aachen (AKB), Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Aachen, Aachener Friedenspreis

 

 

Dokumentiert:

1. Aufforderung an die Aachener Abgeordneten gegen den Kriegseinsatz in Syrien zu stimmen.

An Frau Schmidt, (SPD); Herrn Henke, (CDU); Herrn Hunko, (LINKE); Herrn Krischer (GRÜNE)

Sehr geehrte Abgeordnete,

morgen werden Sie im Bundestag für oder gegen den deutschen Kriegseintritt in Syrien abstimmen.

Wir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Antikriegskundgebung in Aachen am Vorabend der Abstimmung im Bundestag, ersuchen Sie, folgende Punkte bei Ihrer Entscheidung für oder gegen den Krieg in Syrien in Betracht zu ziehen:

  1. Bedenken Sie, dass Solidarität mit den Opfern der Terroranschläge und den tausenden Opfern des IS-Terrors in Syrien nicht mit Kriegterror ausgedrückt werden sollte. Krieg ist keine Antwort auf Terror, sondern selbst Terror, der die Verletzung und Tötung von Zivilisten hinnimmt.

  1. Bedenken Sie, dass der Weg der militärischen Gewalt sich als Irrweg herausgestellt hat. Seit dem sog. „War on Terror“ gab es keinen Sieg über den Terror, sondern ein starkes Anwachsen der terroristischer Gruppen.

  1. Bedenken Sie, dass der Weg der militärischen Gewalt der USA und ihrer Verbündeten, darunter auch Deutschland, weder Demokratie noch Frieden gebracht hat, sondern das Gegenteil: Hunderttausende Tote, Millionen Flüchtlinge, die Zerschlagung staatlicher und industrieller Strukturen und ein starkes Anwachsen der terroristischen Gruppen. Die Ausweitung des Krieges nun auch durch deutsche Truppen wird dies nur noch verschlimmern.

  1. Bedenken Sie, dass der Kriegseintritt Deutschlands eher zu Solidarisierungseffekten mit den Terroristen führen und die Wahrscheinlichkeit von Anschlägen in Deutschland erhöhen wird.

  1. Bedenken Sie, dass der IS nur handlungsfähig ist, weil Geldgeber aus den Golfstaaten ihn massiv fördern, weil über die Türkei ungehindert tausende neue Kämpfer zum IS gelangen, weil durch den Öl-Handel über die Türkei täglich Millionen Dollar verdient werden. Damit muss Schluss sein. Es muss politischer Druck auf die islamistische Regierung in der Türkei ausgeübt werden muss, damit diese die logistische und materielle Unterstützung des IS beendet.

  1. Bedenken Sie, dass der IS deshalb für Jugendliche aus den Ghettos der europäischen Metropolen so attraktiv ist, weil er ihnen, den Arbeitslosen, Perspektivlosen, Gedemütigten und Ausgeschlossenen Teilhabe an Stärke und Respekt verheißt. Die vielen Milliarden, die die Kriege kosten, müssen in Ausbildung und Jobs für die soziale und politische Integration dieser Jugendlichen investiert werden.

  1. Bedenken Sie, dass Krieg die Fluchtursachen Nr. 1 ist. Tragen Sie nicht durch ein JA zum Krieg dazu bei, dass noch mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen.

Wir fordern Sie auf, morgen gegen den Kriegseintritt Deutschlands zu stimmen.

Krieg ist kein Mittel, um den Terror zu besiegen! Krieg ist selbst Terror! Krieg schafft Terror!

Verabschiedet am 3.12.15 in Aachen

2. Gemeinsame Stellungnahme von Ulla Schmidt (SPD) und Rudolf  Henke (CDU)

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Ganzer Text:

Gemeinsame Antwort von Ulla Schmidt und Rudolf Henke

3. Antwort des Antikriegsbündnisses:

Sehr geehrte Frau Schmidt, sehr geehrter Herr Henke

stellvertretend für die Unterstützer unserer Resolution, mit der wir Sie um eine NEIN bei der Abstimmung am 4.12.2015 im Bundestag gebeten haben, bedanke ich mich für Ihre ausführliche Stellungnahme. Wir erlauben uns einige Anmerkungen: Sie schreiben in Ihrer Stellungnahme: „Es ist unausweichlich, dass nach dem Ansatz der vernetzten Sicherheit, neben wirtschaftlichen und politischen Mitteln auch das Militär eingesetzt werden muss (…).“

Damit sind wir beim Kern unserer Differenz. Die Geschichte der Nahostkriege der letzten Jahre hat gezeigt, dass Krieg keinen Frieden schafft, auch nicht „eingebettet in Diplomatie“.

Die Zahl der Anhänger terroristischer Gruppen wie dem IS hat sich seit Beginn der Kriege vervielfacht. Die Bombardements selbst sind Terror, unter dem insbesondere die Zivilbevölkerung leidet. Dies führte und führt zu Solidarisierungen vieler Menschen mit den Terroristen. Dem Rechnung tragend hatten unsere Antikriegsdemonstrationen in Aachen u.a. auch die Losung „Krieg ist Terror – Krieg schafft Terror!
Dass es auch anders geht, Krieg nicht „unausweichlich“ ist, wie Sie postulieren, zeigt die italienische Regierung, die sich nicht dem Kriegseinsatz in Syrien angeschlossen hat. So sagte Ministerpräsident Renzi laut Tagesschau vom 13.12.2015: „Man könne nicht einfach losziehen, ein paar Bomben werfen und glauben, man habe das Problem gelöst. Die Mörder von Paris seien nunmal in Europa geboren und aufgewachsen, so Renzi.“

Renzi spricht hier einen ganz wichtigen Punkt an. Viele IS-Terroristen stammen aus den europäischen Metropolen, daher heißt es in unserer Resolution an Sie:

„Bedenken Sie, dass der IS deshalb für Jugendliche aus den Ghettos der europäischen Metropolen so attraktiv ist, weil er ihnen, den Arbeitslosen, Perspektivlosen, Gedemütigten und Ausgeschlossenen, Teilhabe an Stärke und Respekt verheißt. Die vielen Milliarden, die die Kriege kosten, müssen in Ausbildung und Jobs für die soziale und politische Integration dieser Jugendlichen investiert werden.“

Leider fehlt hierzu eine Antwort Ihrerseits. Auch Ihnen ist sicher bewusst, dass sich 10 Jahre nach den Aufständen in den Banlieus Frankreicht für die Menschen dort NICHTS geändert hat.

Freundliche Grüße Rudolf Gottfried

für das Antikriegsbündnis Aachen