Der Aachener Karlspreis ist kein Friedenspreis!
Karl der Große stand nicht für Frieden und Entwicklung, sondern für eine Reichsgründung mit Feuer und Schwert.
Das ukrainische Volk braucht keinen Karlspreis. Das ukrainische Volk braucht wie jedes Volk der Erde Frieden und Wohlstand.
Wie mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung laut einer jüngsten Umfrage wünschen auch wir den Menschen in der Ukraine einen Waffenstillstand und sofortige Friedensverhandlungen.
Wir fordern hier und heute: Die Waffen nieder!
Das Sterben muss beendet werden und das Sterben in der Ukraine beendet man nicht mit noch mehr Waffen und Krieg. Krieg ist ein zivilisatorisches Desaster!!
Wir rechtfertigen nicht Russlands Einmarsch in die Ukraine und verurteilen diesen völkerrechtswidrigen Krieg. Wir sehen aber auch, dass dieser Krieg ein Stellvertreterkrieg ist, der mit den Waffen des Westens bis zum letzten Ukrainer geführt werden soll.
Die Karlspreisverleiher würdigen dagegen mit dem Preis, dass Selenskyj auf Druck des Westens seinen Verhandlungsvorschlag vom März 2022 aufgab, nämlich u.a. den Verzicht auf EU- und NATO-Mitgliedschaft. Sie würdigen, dass Selenskyj weiter mit westlichen Waffen auf Siegfrieden setzt und jegliche Verhandlungen ablehnt.
Die in Aachen versammelten Politiker:innen und Politikerdarsteller:innen nutzen das heutige Event, um eine weitere Eskalation im Krieg voranzubringen: es sollen erneut Panzer und andere Waffen im Wert von 2,7 Mrd € von Deutschland an die Ukraine geliefert werden, was in zynischer Weise als Gastgeschenk tituliert wird.
Wir protestieren gegen die Preisverleihung an Selenskyj, weil das Gebot der Stunde Waffenstillstand und Verhandlungen sind!
Wir begrüßen es, dass über eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland aufgenommen wurden und hier Unterkunft und Unterstützung erhalten. Das Gleiche wünschen wir uns aber auch für andere Kriegsflüchtlinge, die vor allem aus den Ländern kommen, in denen auch Deutschland militärisch und völkerrechtswidrig interveniert hat, wie in Syrien und Afghanistan.
Bei Kriegsflüchtlingen muss humanitäre Gleichbehandlung gelten!
Der Krieg in der Ukraine hat als Vorgeschichte ein Vorrücken der Nato immer näher an Russlands Grenzen, einen Putsch in der Ukraine 2014, eine jahrelange Aufrüstung der Ukraine durch die Nato und eine Sabotage des völkerrechtlich bindenden Minsker Abkommens, das den Bürgerkrieg in der Ukraine beenden sollte.
Die illustre Runde im Rathaus feiert sich heute als die Verteidigerin von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Dass das in Ländern, die weit mehr als die Hälfte der Menschheit repräsentieren, durchaus anders gesehen wird, hat die Entwicklung der letzten Monate gezeigt.
Viele Staaten wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika rechtfertigen den Krieg nicht, sie liefern aber im Gegensatz zu Deutschland keine Waffen und verhängen keine Sanktionen, sondern fordern Verhandlungen. Sie verweisen zu Recht auf die Unverletzlichkeit von Grenzen und erinnern an die zahlreichen völkerrechtswidrigen Interventionskriege des Westen in den den letzten Jahrzehnten.
Russland hätte die militärische Einkreisung durch die Nato niemals mit einem Angriff auf die Ukraine beantworten dürfen. Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse auf der Erde hin zu einer multipolaren Weltordnung, wie sie derzeit bereits stattfindet, hätte andere Wege geboten, Russlands Sicherheitsinteressen zu vertreten als dieser furchtbare Krieg.
Aber auch wenn die Politikergilde im Rathaus mit Absperrungen und Polizeiaufgebot und fast einstimmigem Presseapplaus übermächtig erscheint, vertritt sie in Deutschland und weltweit eine Minderheit:
Wie die Mehrheit der vor wenigen Tagen befragten Bundesbürger:innen fordern wir heute:
Die Waffen nieder!
Waffenstillstand und sofortige Friedensverhandlungen!
Keine weitere Kriegs-Eskalation durch Waffenlieferungen und Wirtschaftskrieg.
Die Sicherheitsinteressen aller Staaten müssen berücksichtigt werden!
Aachen, 14.5.2023
Rudolf Gottfried