Zur Bewertung der Corona-Pandemie aus ärztlicher Sicht. Ein Papier zur wissenschaftsfeindlichen Corona-Pandemie-Leugnung

Im Antikriegsbündnis-Aachen (AKB) wird seit mehr als 2 Monaten eine heftige Debatte darüber geführt, wie die derzeitigen „Hygiene“- und „Grundrechte“- Proteste einzuschätzen sind. Walter Schumacher, derzeit einziger Redakteur der Aachener Online-Zeitung KrAZ https://kraz-ac.de/ hat vor 2 Monaten einen Artikel veröffentlicht, in dem er die Corona-Pandemie im wesentlichen mit einer Grippe-Welle gleichsetzt. Seitdem engagiert er sich zusammen mit Ansgar Klein (Verfasser einer Online-Petition mit dem gleichen Tenor) zunehmend in der Organisierung von „Grundrechte“ Kundgebungen, an denen auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko teilgenommen und gesprochen hat.

Walter Schumacher und Andrej Hunko sind Gründungsmitglieder des AKBs.

Im Antikriegsbündnis ist die Mehrheit der Mitglieder der Meinung, dass die oben genannten Kundgebungen mit der Leugnung der Corona-Pandemie von falschen Voraussetzungen ausgehen, irrational argumentieren und inhaltlich eine gefährliche Nähe zu rechten und faschistischen Denkmustern aufweisen können.

Unser langjähriges Mitglied, die Ärztin Dr. med. Irmgard Gollwitzer, hat dazu ein Papier verfasst, das wir hier online stellen. Als PDF-Download steht es rechts in der Seitenleiste zur Verfügung. Weiterverbreitung erwünscht.

Zur Bewertung der Corona-Pandemie aus ärztlicher Sicht

(Stand 19.5.2020)

Mein Name ist Irmgard Gollwitzer und ich bin promovierte Ärztin für Allgemeinmedizin.

Ich habe 5 Jahre im Krankenhaus gearbeitet und war dann mehr als 25 Jahre in einer Gemeinschaftspraxis in der Städteregion Aachen als Hausärztin niedergelassen.

Mit Walter Schumacher arbeite ich seit vielen Jahren im Aachener Antikriegsbündnis zusammen.

Wegen des Umgangs mit der Corona-Pandemie gibt es nunmehr zwischen uns eine zunehmend schärfere Auseinandersetzung. Ich habe diese Auseinandersetzung bisher nicht öffentlich geführt und gedacht, ich könnte Walter durch Fakten, die ich ihm mehrfach per Email zukommen ließ, leicht überzeugen.

Da jedoch das Gegenteil der Fall ist, möchte ich jetzt doch zu seinen Thesen bzw. denen von Ansgar Klein, Andrej Hunko und anderen Rednern auf der letzten „Grundrechte-Demo“ am 16.5. 2020 Stellung nehmen. Deren Positionen können in Walter Schumachers online-Zeitung im Orginal nachgelesen werden.

Ich möchte mich im Wesentlichen auf die medizinischen Aspekte der Beurteilung der Corona-Pandemie beschränken. Dabei muss ich natürlich darauf hinweisen, dass Virus, Krankheitsbild und Ausbreitung erst seit wenigen Monaten bekannt sind.

Deshalb sind manche bisherige Erkenntnisse auch als vorläufig zu betrachten und müssen im weiteren Verlauf immer wieder überprüft werden.

Es gibt keine relevanten Unterschiede zwischen Corona und den bekannten schweren Grippewellen der letzten Jahre….“

Am 22.3.2020 ist Walter Schumacher mit einem Artikel in der KRAZ an die Öffentlichkeit gegangen, in der er die Gefährlichkeit der Corona-Pandemie bestreitet. Er schrieb u.a.

…Wir glauben nicht an relevante Unterschiede zwischen Corona und den bekannten (schweren) Grippewellen der letzten Jahre! Deshalb halten wir auch die aktuellen staatlichen Einschränkungen für nicht angemessen…

Wie eingangs geschrieben, teilen wir Wodargs Ansicht, dass es keine relevanten Unterschiede zwischen Corona und den bekannten (schweren) Grippewellen der letzten Jahre gibt…..Wir halten eine Durchseuchung für unvermeidlich, so wie Frau Merkel das beschrieben hat. Letztlich wird es – wie bei allen bisherigen Grippewellen auch – eine „Herdenimmunität“ geben…“

Ansgar Klein, mit dem Walter zuletzt die Aachener „Grundrechte“-Kundgebungen organisierte, macht diese These sogar zum Bestandteil seiner Online-Petition:Die durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Krankheit Covid-19 scheint – zumindest für Deutschland – weniger gefährlich als Grippewellen..(aus der Begründung seiner Petition)…

Diese Behauptung ist nachweislich falsch und der Ursprung aller weiteren falschen Behauptungen und Schlüsse. Walter Schumacher und Ansgar Klein haben nicht die einzelnen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen und ihrer Kritik gemacht, sondern die Gefährlichkeit der Pandemie insgesamt bestritten.Sie haben diese Thesen nie zurückgenommen.

1. Erreger und Krankheitsbild

Im Sprachgebrauch wird der Begriff ‚Grippe‘ häufig für Erkältungskrankheiten gebraucht, die in der Herbst- und Wintersaison gehäuft auftreten. Es handelt sich dabei in der Regel um ‚grippale Infekte‘, die mit der Influenza, dem Erreger der echten ‚Grippe‘ nichts zu tun haben. Insofern ist der Gebrauch des Wortes ‚Grippewelle‘ im Vergleich zur durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit Covid-19 zumindest missverständlich.

Die Influenza ist eine saisonal auftretende schwere Infektionskrankheit, die durch RNA-Viren verursacht wird. Das Krankheitsbild zeigt plötzliches hohes Fieber, Muskelschmerzen, Husten und ausgeprägtes Krankheitsgefühl: komplizierend kann es zu einer Lungenentzündung kommen. Influenza-Wellen treten von Herbst bis zum Frühjahr jeden Jahres auf.

Die Influenza-Viren liegen in mehreren Stämmen vor und mutieren sehr rasch, so dass auch ein Mensch, der sich im Vorjahr mit einer Influenza angesteckt hat, meist keine Immunität gegen eine erneute Infektion (mit auch eventuell einem anderen Stamm) im folgenden Winter hat. An der Influenza sterben jeden Jahr eine Vielzahl von Menschen (siehe unten). Gegen die Influenza kann man impfen, wobei der Impfstoff dem jährlich zirkulierenden Virustypen und Mutationen angepasst werden muss. Der saisonale Influenza-Impfstoff enthält Bestandteile der Virus-Varianten, die für die kommende Saison erwartet werden. Referenzlaboratorien auf der ganzen Welt – in Deutschland das am Robert Koch-Institut angesiedelte Nationale Referenzzentrum für Influenza – untersuchen dafür kontinuierlich die zirkulierenden Influenza-Viren und übermitteln ihre Ergebnisse an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Auf Grundlage dieser Daten legt die WHO die Zusammensetzung für den Impfstoff jedes Jahr aufs Neue fest. Für die Nordhalbkugel wird die Empfehlung in der Regel im Februar veröffentlicht.

Covid-19 ist eine völlig neuartige Erkrankung.

Sie wird durch ein neuartiges Corona-Virus ausgelöst, dass wahrscheinlich durch die Mutation eines tierischen Corona-Virus entstanden ist und durch diese Mutation von Mensch zu Mensch übertragbar geworden ist. Auch Corona-Viren sind RNA-Viren, das ist aber die einzige Gemeinsamkeit mit den Influenza-Viren. Es zirkulieren unter den Menschen auch andere Corona-Virusstämme, die aber nur relativ harmlose Atemwegserkrankungen auslösen.

Das Corona-Virus SARS-CoV-2 ist hochansteckend, wobei die Infektion bereits durch nicht manifest erkrankte Personen über den Mund/Rachenraum übertragen wird. Da es sich um neuartiges Virus handelt, ist das menschliche Immunsystem völlig unvorbereitet. So erklärt sich auch die Tatsache, dass die Ausbreitung über den Erdball trotz der Schutzmaßnahmen (siehe unten) im wesentlichen innerhalb von 2-3 Monaten stattgefunden hat. Der Umstand , dass Erreger und Krankheitsbild weltweit neu aufgetreten sind, ist auch ein Grund, dass viele Erkenntnisse noch mit Unsicherheiten behaftet sind und man eine Reihe von Fragen erst in der Zukunft ausreichend beantworten können wird.

Ein Teil der Infektionen verläuft relativ harmlos, besonders bei jüngeren Menschen. Viele PatientInnen berichten über ein langanhaltendes schweres Krankheitsgefühl und eine verzögerte Rekonvaleszenz. Und je nach den verschiedenen Ländern sterben nach den bisherig vorliegenden Daten 1-10% der manifest erkrankten Personen. Dabei tritt häufig eine typische beidseitige Lungenentzündung auf, die einen Gasaustausch in den Lungenbläschen unmöglich macht; die Lungen erscheinen bei der Obduktion hart und schwer. Weiter kommt es gehäuft zu Thrombosen und (Lungen)embolien, Versagen der Nieren, aber auch Entzündungen und Gehirn und Nervensystem und Herzmuskeln. Häufig versterben die Patienten nach langer intensivmedizinischer Behandlung (meist auch Beatmung mit hohem Druck) am Multiorganversagen.

Das Krankheitsbild der Covid-19-Infektion ist bisher noch nicht ausreichend beschrieben, u.a. weil noch wenige Obduktionen stattgefunden haben (siehe unten). Was aber eindeutig ist, dass die Manifestationen dieser Erkrankung völlig anders als bei anderen Erkrankungen (insbesondere bei der Influenza) sind.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 ist ein RNA-Virus. Was ist das Spezielle an RNA-Viren?
Viren nutzen die Zellen ihrer Wirte, um sich zu vermehren, weil sie selbst nicht dazu in der Lage sind. RNA-Viren haben dabei im Vergleich zu DNA-Viren eine Eigenschaft, die ein großes Problem für die Bekämpfung ist. Anders als die meisten DNA-Viren nutzen sie nicht die Replikationsmaschinerie der Zelle, um ihr Erbgut zu vermehren. Die Enzyme der Zelle verdoppeln das Genom der Zelle sehr zuverlässig, mit einer sehr kleinen Fehlerrate, weil der Organismus sonst durch Mutationen sehr schnell Schaden nehmen würde. Gleichzeitig gibt es Mechanismen, die Fehler eliminieren. RNA-Viren hingegen bringen ein eigenes Enzym – eine Polymerase – für die Vermehrung mit. Und diese Polymerase macht sehr viele Fehler. Dadurch entsteht in der Zelle nicht eine einheitliche Gruppe von neuen Tochterviren, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Formen. Dadurch hat man eine sehr schnelle Evolution der Viren. Und deshalb sind RNA-Viren so gefährlich, weil sie sich so schnell weiterentwickeln und es darum so schwierig ist, verlässliche antivirale Medikamente und auch Impfstoffe herzustellen. Bei Hepatitis C zum Beispiel gab es relativ schnell Substanzen, die bestimmte Enzyme von diesem Virus lahmlegen konnten. Aber es gab dann auch schnell Virusvarianten, die gegen diese Substanzen resistent waren. Gelöst wird das, indem verschiedene antivirale Substanzen gleichzeitig in einem einzigen Medikament verabreicht werden. Das trifft vermutlich in ähnlicher Weise auch für das neue Coronavirus zu. Man wird möglichst verschiedene Teilbereiche des Lebenszyklus dieses Virus treffen müssen, um es wirksam mit Medikamenten bekämpfen zu können….“
Prof. Dr. Sven-Erik Behrens vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Uni Halle.

2. Ausbreitung…..

Seit den ersten Erkrankungen in Wuhan in China Ende Dezember 2019 hat sich das Corona-Virus SARS-CoV-2 pandemieartig über den Erdball ausgebreitet. Februar/März kam es auch in Europa zur exponentiell ansteigenden Erkrankungs- und Todesraten, besonders in Italien und Spanien, später auch in England und in Übersee, namentlich in den USA und zuletzt Brasilien.

In allen Ländern der Welt wurden unterschiedliche Eindämmungsmaßnahmen seitens der Regierungen durchgeführt: in sozialistischen Ländern wie Kuba oder China ebenso wie in den kapitalistischen Zentren wie den USA oder in Europa, in Russland wie in Indien..

Dabei kann festgestellt werden, dass die Länder, deren Regierungen die Pandemie verharmlost hatten (USA, Brasilien, Großbritannien..) und deren Gesundheitssysteme schon vor der Pandemie schlecht waren bezüglich Zugang und Leistungen, besonders hart betroffen waren und viele Tote zu beklagen hatten.

In den meisten Ländern Europas sind in den letzten Wochen die Erkrankungs- und Todesraten gesunken; anhaltend hohe Raten gibt es in USA und Großbritannien, ansteigende Raten in Russland und den Ländern Südamerikas, besonders Brasilien. Für Afrika wird die große erste Infektionswelle erst noch befürchtet. Befürchtet werden für alle Länder weitere Infektionswellen nach Nachlassen der Eindämmungsmaßnahmen und besonders im Herbst und Winter, wo Infektionen mit dem neuartigen Corona-Virus mit der Influenzawelle zusammenfallen könnten.

..und Immunität

Wenn ein hochinfektiöses Virus auf ein unvorbereitetes menschliches Immunsystem trifft, werden viele Menschen angesteckt. Der Körper reagiert mit einer Immunantwort, insbesondere der Bildung von Antikörpern. Diese Ausbildung dieser Immunantwort dauert in der Regel mindestens 2 Wochen – ist sie ausreichend, kann der Mensch genesen, – ist sie nicht ausreichend, kann der Mensch sterben. Hat ein Mensch Antikörper gebildet, kann er gegen eine weitere Ansteckung immun sein. Es kann aber auch sein, dass diese Immunantwort nicht langfristig stabil ist oder dass das Virus weiter mutiert.

Wenn ein hochinfektiöses Virus in einer Bevölkerung zirkuliert, werden sich immer wieder Menschen rasch anstecken, solange 60-70% der Menschen nicht immunisiert sind, – sei es durch vorherige Ansteckung oder durch Impfung (siehe unten).

Da der Verlauf der Covid-19-Erkrankung durch einen exponentiellen Anstieg der zum Teil sehr schweren Erkrankungen mit Intensiv- und Beatmungspflicht und der Todesfälle gekennzeichnet war, haben alle Regierungen der Welt mehr oder weniger konsequent versucht, die Ausbreitung der Infektion durch Kontaktsperre-Maßnahmen zu verzögern und gleichzeitig das Gesundheitssystem mit Kapazitäten und Schutzmaßnahmen nachzurüsten. Ziel war, die Erkrankungsrate soweit zu senken, dass das Gesundheitswesen mit der Versorgung der schwerkranken Patienten nicht überlastet ist. In Italien, Spanien , Großbritannien und den USA ist das nicht gelungen, was auch die hohen Sterberaten erklärt. In Deutschland haben die Eindämmungsmaßnahmen relativ früh gegriffen und es besteht trotz aller Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen ein bisher ausreichende Kapazität an Intensivbetten.

3.“natürliche Durchseuchung…“

Kritiker der Corona-Eindämmungsmaßnahmen, wie auch Walter Schumacher in seinem KRAZ-Artikel vom 22.3.2020 haben einer natürlichen Durchseuchung ohne wesentliche Kontaktbeschränkungen der Bevölkerung das Wort geredet.

In Zahlen hätte dies bedeutet: um nur die Hälfte der deutschen Bevölkerung in 18 Monaten zu immunisieren (vorausgesetzt, die Immunisierung ist von Dauer) , müssten sich täglich über 500 Tage lang 73000 Menschen infizieren. Bei einer niedrig geschätzten Letalität von 1%, wären das zusätzlich 400000 Tote in Deutschland. Dabei spielt es auch keine entscheidende Rolle, wenn die Fallkurve jetzt zunächst abflacht, um in den Wintermonaten wieder stark anzusteigen. Die Abschätzungen sind natürlich aufgrund der Kürze der Zeit, in der Covid-19 bekannt ist, mit Unsicherheiten behaftet.

Ich habe mit Walter Schumacher um diesen Punkt eine heftige Auseinandersetzung geführt, da ich diese Propagierung der natürlichen Durchseuchung für menschenverachtend halte.

4.Vorerkrankungen und „überalterte Gesellschaft….“

Als weiteres Argument für die relative Harmlosigkeit der Coronavirus-Krankheit wird oft vorgebracht

Nach den Daten des Robert Koch-Instituts steigt die Letalität der Erkrankung ab dem 50.- 60. Lebensjahr kontinuierlich an.

Als relevante Vorerkrankungen werden u.a. Diabetes, Bluthochdruck, Vorhofflimmern, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, Herzschwäche und koronare Herzkrankheit, Nierenfunktions-störungen, Abwehrschwäche und Tumorleiden aber auch starkes Übergewicht und Rauchen genannt.

Als Allgemeinärztin sehe ich damit das gängige Krankheitsspektrum meiner Praxis bei älteren PatientInnen beschrieben; die Betreuung dieser PatientInnen macht einen Großteil unserer Arbeit aus.

Nach einer Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK vom 15.4.2020 haben rund ein Viertel (26,4 %) der Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland mindestens eine der genannten Vorerkrankungen aufweisen. Von diesen 21,9 Millionen Menschen sind ca. zwei Drittel (66,1 %) 60 Jahre oder älter. Es gibt inzwischen Berechnungen von mehr als 8durch Covid-19 verlorene Lebensjahren (years auf life lost- YOLL), wobei die Datenbasis dieser Aussage allerdings noch relativ dünn erscheint.

Auch auf der Aachener „Grundrechte-Kundgebung“ vom 16.5.2020 wurde von Frau van Gessel das Thema Vorerkrankungen variiert. Frau van Gessel sprach dabei angesichts der vielen Toten in Italien von einer überalterten Bevölkerung.

Zu alt – wofür? Zum Leben? Zum Überleben? Die Frage, inwieweit diese überalterten PatientInnen überhaupt einer intensiven Therapie zugeführt werden sollten, drängt sich auf und wird auch auf Rubikon, der Plattform, die Frau van Gessel lektoriert, ganz offen diskutiert.

Ein Sven Böttcher empfiehlt unter dem Titel : ‚Die Pseudokrise‘ in Rubikon vom 20.3.2020:

„…Über 80jährige mit drei Vorerkrankungen und frischer Lungenentzündung behandeln wir nicht auf Intensivstationen, die schicken wir zum Sterben nach Hause, denn sterben müssen ja alle. Jüngeren ist es auch wieder gestattet, Sterbenden die Hand zu halten. Und sich zu Trauerfeiern zu versammeln. Auf eigene Gefahr. Alte und gebrechliche Teilnehmer an Trauerfeiern sind auf diese bestehende Gefahr ausdrücklich hinzuweisen. Unsere Intensivstationen und unser medizinisches Personal stehen selbstverständlich jüngeren Corona-Lungenentzündungspatienten weiter offen. Die Mortalitätsrate bei U-80, nicht vorerkrankten Corona-infizierten Patienten liegt derzeit bei etwa 0 Prozent….“

Siehe dazu auch den wütenden Kommentar des KenfM Autors Rainer Rupp https://kenfm.de/tagesdosis-27-3-2020-corona-patentloesung/

Und der Herausgeber dieses Plattform Jens Wernicke zitiert zustimmend einen Pallitivmediziner mit den Worten: „Früher nannte man die Lungenentzündung am Ende des Lebens den Freund des alten Menschen. Und jetzt geht man her, diagnostiziert die Corona-Infektion und macht daraus einen Intensivfall und kann die Patienten natürlich trotzdem nicht retten. Die sind einfach zu schwer krank. (…) Es gibt aber mehrere Faktoren der Gerechtigkeit: Da ist einmal die Gerechtigkeit, wenn ein unrettbarer 80-jähriger Patient beatmet in einem Bett liegt, dass die 30-jährige junge Mutter nach einem Verkehrsunfall keinen Beatmungsplatz hat und stirbt….“(11.4.2020)

Was auf den ersten Blick vielleicht ganz einleuchtend erscheinen mag („steuere ich mein Auto, wenn ich nicht mehr bremsen kann, auf einen alten Mann oder ein kleines Kind zu…“) , öffnet die Türe zu einer verhängnisvollen Diskussion: wieweit ist Medizin bei älteren und kranken Menschen überhaupt sinnvoll ? In welchem Verhältnis stehen Nutzen und Kosten für das Gesundheitswesen? Wann ist ein Leben (überlebens)wert?….

Ich möchte Frau van Gessel und den anderen Rednern der „Grundrechte-Kundgebung“ vom 16.5.2020 nicht unterstellen, dass sie einem „Sozialdarwinismus“ das Wort reden wollen. Aber andere greifen diesen Ball auf oder haben ihn schon längst aufgegriffen wie Boris Palmer oder Kombatanten aus der ultrarechten und faschistischen Ecke (übrigens: ich benutze den Begriff „Sozialdarwinismus“ nur, weil unter diesem Bild das Recht des menschlichen Überlebens des Stärkeren im öffentlichen Bewusstsein verankert ist.. Darwin selbst hat dies nie vertreten..)

Die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl in Spiegel online: 18.5.2020

…SPIEGEL: Wie stehen die Rechtsextremen zum Umgang mit dem Virus?

Strobl: Soweit ich das überblicke, sind sie größtenteils für eine unkontrollierte Durchseuchung. Die Epidemie soll ihren Lauf nehmen.

SPIEGEL: Und die Opfer?

Strobl: Es trifft aus Sicht der Rechten ja nur die Kranken und Schwachen. Die haben im faschistischen Weltbild ohnehin keinen Wert. Man schleppt sie mit, aber sobald sie zu einer Last für die Starken werden, muss man sie zurücklassen, notfalls ausmerzen. Alles andere wäre schädlich für den gesunden Volkskörper.

Der Faschismus lebt von der Idee, dass die Starken sich durchsetzen, auch im körperlichen Sinn. Daher auch seine Obsession für die Jugend, für eine heroische Männlichkeit….

Auf dieser Kundgebung wurden aber anderseits auch frühere Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen beklagt. Auch hier sollte sich die Rednerin gut überlegen, wieweit der Begriff eine„überalterten Gesellschaft“ nicht gerade solche rechtfertigen könnte….

Meiner Meinung nach tragen die Verweise auf natürliche Durchseuchung, Vorerkrankungen und Überalterung als Argumente gegen die Gefährlichkeit der Pandemie – neben ihrer Flanke zur faschistischen Denkmustern – massiv zur Entsolidarisierung bei. Die Jungen und Sich-gesund- Fühlenden werden immer weniger die Notwendigkeit, sich persönlich in Kontakt und Konsum einzuschränken, akzeptieren und ein zunehmender Individualismus bricht sich Bahn.

5. Das Kleinreden

Walter Schumacher, die Plattform Rubikon, Ansgar Klein und Andrej Hunko bringen wechselweise Argumente, um die Gefahr der Corona-Pandemie kleinzureden. Ich will im Folgenden auf mehrere eingehen.

a) „…ich bleibe bei meiner Einschätzung. Corona übersteigt nicht wesentlich (<100%) die Gefahren der bisherigen Grippewellen….“(W. Schumacher, KRAZ 26.3.2020)

Dass es sich bei Influenza und Corona um völlig verschiedene Krankheitsbilder handelt, habe ich anfangs schon erläutert. Die Anhänger der ‚ähnlichen Gefährlichkeit‘ berufen sich dabei auf Zahlen unter anderem des Robert-Koch-Instituts zu den Influenza-Toten der letzten Jahre: unter anderem wird die Zahl von 25000 Toten der schweren Influenza-Saison im Jahr 2017/18 genannt.

Allerdings ist diese Zahl, – wie alle Zahlen von Influenza-Toten in den letzten Jahren – nur geschätzt und zwar aus der Differenz der Zahl der Toten, die man ohne Influenza-Welle erwarten würde und der Zahl der Toten während einer Influenza-Welle. Tatsächlich nachgewiesen waren in der Grippe-Saison 1674 Tote mit laut Labormeldung bestätigter Influenza. (Quelle RKI)

Und 2019/2020 ?

Influenza:

Von der 40 Kalenderwoche 2019 bis zur 15. Kalenderwoche 2020 (27 Wochen)
war Grippe-Saison: an bzw mit laut Labormeldung nachgewiesener Influenzainfektion wurden vom RKI 434 Todesfälle gemeldet, 85% der Patienten waren über 60 Jahre und 50 % über 80 Jahre alt. (RKI Wochenbericht 15). Die Grippe-Saison gilt für 2020 als beendet.


Covid-19 :
An bzw. mit laut Labormeldung nachgewiesener Covid-19-Infektion von 27.1. 2020 bis zu 19.5.2020 (17 Wochen) wurden vom RKI 8123 Todesfälle gemeldet. Berücksichtigt man die kürzere Zeit, so ist die Zahl der nachgewiesenen Corona-Todesopfer ca 30x so hoch wie die Zahl der nachgewiesenen Influenza-Todesopfer.

Und das trotz der strengen Kontaktbeschränkungen, die ja viele als unnötig beklagen und die im übrigen wohl auch dazu beigetragen haben, dass es in dieser Saison relativ wenige Influenza-Opfer gegeben hat.

Eine Abschätzung der tatsächlichen Covid-19opfer wird man – anhand der Übersterblichkeit analog den Schätzungen der Influenzopfer der letzten Jahre – erst später erbringen können.

Und: gegen Influenza kann man impfen.

2017 lag die Impfquote gegen Influenza bei den über 60-Jährigen in Deutschland bei 34,8% , in anderen Ländern ist sie noch deutlich höher. In der EU werden 80 Millionen Impfdosen gegen Influenza  jährlich verimpft (Quelle: RKI).

80 Millionen Impfdosen in Europa gegen das Coronavirus würde die Situation ziemlich sicher grundlegend verändern…..

b) „die meisten Menschen sind nicht an, sondern mit Covid-19 verstorben…“

Dass die neuartige Coronavirus-Krankheit spezifische schwere und schwerste Krankheitsbilder machen kann, die weder bei einer Influenza noch bei anderen Infektionskrankheiten so gefunden werden, habe ich schon anfangs beschrieben. Zum Zusammenhang von Vorerkrankungen und Sterberisiko siehe ebenfalls oben.

Anfangs wurde von RKI die Empfehlung gegeben, Covid-19-Tote wegen der erhöhten Infektionsgefahr nicht zu obduzieren. Diese Empfehlung wurde im Laufe des Aprils zurückgenommen. Obduktionen bei 65 gestorbenen Covid-19-Patienten durch den Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel von 22.3. -11.4.2020 haben ergeben, dass alle Vorerkrankungen hatten. 61 von ihnen seien an, die übrigen vier mit dem neuartigen Coronavirus gestorben sind.(Ärzteblatt 22.4.20).

Es ist also bei weitem nicht so, dass in den meisten Fällen die Covid-19-Diagnose als Todesursache zu Unrecht gestellt worden ist. Das Ergebnis weiterer Obduktionen bleibt abzuwarten.

Es ist auch nicht so, dass bewusst Obduktionen unterlassen wurden, um die Todesursache zu verschleiern. Obduktionen werden in Deutschland im internationalen Vergleich nur selten durchgeführt: in Deutschland wird nur bei rund zwei Prozent der Toten eine gerichtlich veranlasste Leichenöffnung vorgenommen und bei nur ein bis drei Prozent eine klinische Obduktion. (Ärztezeitung , 3.11.2017). Grund dafür ist wohl auch die Kosten der Obduktion von ca. 1000 Euro, die durch die Krankenhausfallpauschale gedeckt werden müssten…

6. Vorbild Schweden und Island….

In allen Ländern der Welt wurden wegen der Corona-Pandemie Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus ergriffen.

Das trifft auch für Schweden zu. Für viele Kritiker der Corona-Eindämmungsmaßnahmen in Deutschland gilt Schweden als positives Beispiel, da die Regelungen dort deutlich weniger rigide sind.

Ich zitiere im Folgenden aus der Seite von Quarks vom 11.5.2020 :

„Auch in Schweden gibt es einige gesetzliche Regelungen: Die Grenzen zu den Nicht-Nachbarn sind dicht. Öffentliche Zusammenkünfte und Veranstaltungen von mehr als 50 Personen sind verboten, in Alters- und Pflegeheimen gilt ein Besuchsverbot. Universitäten und Schulen ab Klasse neun sind geschlossen, dort läuft alles per Online-Lehre und Homeschooling. Aber: Grundschulen und Kitas sind geöffnet, ebenso Restaurants, Cafés und die meisten Geschäfte…

…..darüber hinaus gelten die Empfehlungen:

  • Ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten die Öffentlichkeit meiden
  • Menschen sollten generell zuhause bleiben
  • Von Reisen wird abgeraten
  • Wer kann, sollte im Homeoffice arbeiten
  • In Restaurants muss Abstand gehalten werden; Gäste müssen ausreichend Platz an einem Tisch haben ….

Allerdings sei es ein Mythos, dass in Schweden das normale Leben weitergehe: “Es gibt keinen vollständigen Lockdown”, sagt Außenministerin Ann Linde. Aber viele Teile des gesellschaftlichen Lebens seien eingestellt. Die Menschen bleiben zu Hause, reisen nicht, vielen Unternehmen brechen die Umsätze weg….

Lassen sich die schwedischen Verhältnisse auf Deutschland übertragen ?

Nur bedingt. Denn die Menschen leben in anderen Verhältnissen: ….. Hinzu kommt, dass das Land mit gut 10 Millionen Einwohnern nur sehr dünn besiedelt ist. Und selbst in einer Großstadt wie Stockholm leben viele Menschen allein – Schweden hat mit rund 50 Prozent in der EU den höchsten Anteil an Single-Haushalten. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sich das Virus in großen Städten und urbanen Regionen besonders schnell ausbreiten kann. Während Deutschland in vielen Teilen von Großstädten und zumindest großen Städten mit urbanen Räumen und Regionen geprägt ist, ist die Situation in Schweden anders. Selbst Stockholm, die größte Stadt des Landes, hat weniger als eine Million Einwohner…

Allerdings zeigen WHO-Daten, dass die Zahl der Toten pro 100.000 Einwohner in Schweden vergleichsweise hoch sind…“ https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/wie-sinnvoll-ist-der-schwedische-corona-sonderweg/, 11.5.2020

Gerade beim Schutz der Risikogruppen ist Schweden spektakulär gescheitert. In den Altenheimen Schwedens sind sehr viel mehr Menschen gestorben als in Nachbarländern ( SZ online, 20.5.2020)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO kommt zu dem Schluss, dass Schweden zu den Ländern gehört, in denen aktuell eine deutliche Übersterblichkeit zu erkennen ist.

Wie die schwedische Statistikbehörde am 18.5. mitteilte, starben in Schweden im vergangenen Monat 10.458 Menschen – mehr als in allen anderen Monaten der vergangenen Jahrzehnte. (BZ19.5.2020)

Die aktuelle Daten der Johns-Hopkins-Universität vom 19.5.2020 beschreiben für Schweden bei 30 799 bestätigten Covid-19-Fällen 3743 Todesfälle.

Schweden hat eine 10,23 Millionen Einwohner mit einer Bevölkerungsdichte von 23 Einwohnern/km2.

Deutschland hat am gleichen Tag 177 289 bestätigte Covid-19-Fällen und 8123 Todesfälle.

Deutschland hat 83,02 Mio Einwohner und eine Bevölkerungsdichte von 232 Einwohnern/km2.

Obwohl die Maßnahmen in Schweden deutlich weniger rigide waren als in anderen europäischen Ländern, rechnet die Finanzministerin für 2020 mit einem Rückgang des Bruttosozialproduktes von 4-10% (Tagesspiegel, 1.5.2020)

Andrej Hunko führt in seiner Rede auf der Grundrechte-Kundgebung am 16.5.20 als vorbildlich für den Umgang mit der Corona-Pandemie Island an.

Nur: Island hat eine Bevölkerung von insgesamt 364 134 Einwohnern mit einer Bevölkerungsdichte von 3,5 Einwohnern/km2.

Allein die Städteregion Aachen hat über 550 000 Einwohner ….

Ich werde deshalb mich nicht weiter mit diesem Modell auseinandersetzen, da die Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.

7.weitere Daten…

Walter Schumacher beklagt einen Mangel an Daten. Ich will ihm hier noch einige zur Verfügung stellen.

Deutschland hat am 15.5.2020 177 289 bestätigte Covid-19-Fällen und 8123 Todesfälle gemeldet.

Test auf eine Infektion mit dem Coronavirus wurden hier bis zum 16.5.2020 ingesamt 3,1 Millionen durchgeführt.

197 100 Test sind positiv ausgefallen (wahrscheinlich wurden einige Personen mehrfach getestet), das entspricht 6,35% aller durchgeführten Tests. (AN, 16.5.20)

Wieviele Menschen bereits Antikörper gegen den Coronavirus aufweisen und wielange diese schützend vor einer weiteren Infektion sind, ist im Moment Gegenstand von mehreren Untersuchungen.

Eine Übersterblichkeit in Deutschland, die mit der Corona-Pandemie zusammenhängt, deutet sich an, bedarf aber einer weiteren Datensammlung und Analyse.

In anderen Ländern ist eine Übersterblichkeit jedoch zu bereits zu erkennen: in Belgien starben im April 6000 Menschen mehr, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre. (AN 19.5.2020)

Zu Schweden siehe oben.

Zur Frage der Bedeutung des Reproduktionsfaktors verweise ich auf die zahlreichen derzeitigen Veröffentlichungen und will hier nicht weiter darauf eingehen.

Eine zukünftige Impfung gegen das Corona-Virus kann die Pandemiegefahr nachhaltig bannen.

Das Immunsystem eines Menschen wird durch eine Impfung mit Teilen des Erregers, die selbst die Krankheit nicht auslösen können, trainiert. Im Falle der Exposition mit dem Erreger kann das so vorbereitete Immunsystem im besten Falle innerhalb von Stunden die Infektion niederringen und der Mensch wird nicht krank. Dieses Prinzip wird seit vielen Jahren erfolgreich bei vielen Infektionskrankheiten weltweit eingesetzt, die Pockenimpfung war früher sogar eine Zwangsimpfung. Pocken sind so weltweit ausgerottet worden.

Auf der „Grundrechte“-Kundgebung am 16.5. 20 haben 3 von 4 Rednern (Hunko, van Gessel und Klein) nicht die Chancen einer Impfung gegen des Corona-Virus betont, sondern die Risiken einer Impfung zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemacht. Das Szenerio einer von Bill Gates getriggerten Zwangsimpfung wurde mehrfach beschworen.

Das eine Impfung sicher sein muss, bevor sie massenhaft durchgeführt wird, ist eine Binsen-weisheit. Gerade deshalb wird auch nicht mit einer raschen Impfstoffentwicklung gerechnet. Ich hatte aber den Eindruck, dass die oben aufgeführten Redner hier auf Applaus bei den zahlreichen grundsätzlichen Impfgegnern schielen. Deren Kalkül ist leicht zu durchschauen: wenn viele Menschen sich in Zukunft werden impfen lassen, kann auch eine Herdenimmunität entstehen und ich persönlich bin nicht mehr gefährdet und kann auf die Impfung verzichten…

Meine Vorstellung einer solidarischen Gesellschaft sieht anders aus.

Walter Schumacher hat in der KRAZ vom 4.4. 2020 mit einer gewissen Häme berichtet:„Trotz Corona: Leerstand in Aachens Kliniken!“ und er beruft sich dabei auf Insider-Informationen.

Was war passiert:

in Erwartung einer hohen Anzahl von intensivpflichtigen schwerkranken Patienten wurden Intensivbetten freigehalten und nicht dringend unmittelbar notwendige Operationen verschoben. Auch bei Hüft- und Knieoperationen beispielsweise werden bei den häufig alten und polymorbiden Patienten postoperativ Intensivplätze benötigt. Diese Operationen werden nun wahrscheinlich in den nächsten Monaten durchgeführt.

Ich kann in dieser Maßnahme keinen Fehler erkennen. Dass weniger schwerkranke Patienten als befürchtet in die Krankenhäuser kamen, ist wahrscheinlich in erster Linie ein Erfolg der bis dahin schon durchgeführten Eindämmungsschritte. In Ländern, in denen diese Maßnahmen später durchgeführt wurden bzw. die weniger Intensivbetten zur Verfügung hatten, ist es zu dramatisch höheren Todesopferzahlen gekommen.

FAZIT:

Ich habe mich in den bisherigen 10 Seiten fast ausschließlich auf die medizinischen Fragen um die Corona-Pandemie befasst. Ich habe dies gemacht, weil ich mich hier speziell als Ärztin mit unwissenschaftlichen und unethischen Ansichten auseinandersetzen wollte.

Als politischer Mensch sehe ich natürlich noch zahlreiche Themen, zu denen ich etwas zu sagen hätte, besonders wenn es darum geht, wie die Lasten der Pandemie den ärmeren Bevölkerungs-schichten aufgedrückt werden und das Kapital um zig-Milliarden entlastet wird. Ich hätte etwas zu sagen zum Kranksparen des Gesundheitswesens und zu den Almosen für die dort Beschäftigten, zu den weiteren Milliarden Aufrüstungsplänen, an denen unbeirrt festgehalten wird, zur Hetze gegen China, um nur einige Themen zu nennen…

Dass die massive Einschränkung der Grundrechte in den letzten Wochen durch die Pandemie-Situation nicht gerechtfertigt war, haben bundesdeutsche Gerichte bestätigt. Aber wenn ich die „Hygiene“- und „Querdenker“-Kundgebungen der letzten Wochen betrachte, so habe ich den Eindruck , dass sie häufig ganz andere Dinge transportieren sollen, als die Sorge um die Demokratie.

Als gemeinsame Klammer sehe ich eher einen Ultra-Individualismus („ich will machen, was ich will“..) , Impfgegnerschaft, Esoterik und diffuse Ängste vor ominösen Konstrukten wie dem „tiefen Staat“, Geheimdiensten, Verschwörungen, Bill Gates als Promoter von Zwangsimpfungen zum Vorteil der Pharmaindustrie. Die schon mehrfach zitierte Plattform Rubikon ist ein Tummelplatz für solche Meinungen. Dort finden sich zahlreiche Artikel über die „Corona-Diktatur“ und eine eine stattgefundenen „Machtergreifung“ . Die von Ansgar Klein geschätzte Rechtsanwältin Beate Bahner hat in ihrer Klageschrift an das Verfassungsgericht Quarantäne mit KZ und Judenvernichtung gleichgesetzt….

Es ist kein Zufall, dass Faschisten – die mit der Verteidigung der Demokratie nun überhaupt nichts im Sinn haben – zunehmend auf diesen Kundgebungen vertreten sind, dass eine beliebte Parole wie bei früheren PEGIDA-Demos dort „Wir sind das Volk“ ist. Ich selbst habe am 9.5. mit einem Teilnehmer von Ansgar Kleins Kundgebung (die die Seebrücke-Mahnwache, an der ich teilgenommen habe – abgedrängt hat) zu tun gehabt, den ich eine Woche später bei der AFD am Bahnhof wiedergesehen habe.

Aber diese Diskussion muss noch an einer anderen Stelle und in einem anderem Umfang geführt werden.

Link: http://www.Antikriegsbündnis-Aachen.de

%d Bloggern gefällt das: